Salzherstellung in Bad Reichenhall (Geschichte)

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Soleschöpfbrunnen und Pfannhäuser in Reichenhall vor 1438
Pfannhaus einer mittelalterlichen Saline. Der Salzbrei wird aus der Pfanne in Körbe geschaufelt, welche man nach dem Abtropfen zum Trocknen aufstellt. Georg Agricola, 1556
Die Saline Reichenhall (Anfang 18. Jh.) mit dem zu Beginn des 16. Jahrhunderts erbauten Hauptbrunnhaus.
Das ehemalige Salzmeieramt (16.- 19. Jh.) in der Poststraße. Amtssitz des Salzmeiers (Leiter der Saline), heute Polizeigebäude.
Kettengeschöpf nach Georg Agricola (1556) und originale Kette des früheren Reichenhaller Schöpfwerks
Brunnhaus mit Kettengeschöpf und zwei Pfannhäuser (Sudhäuser) in Reichenhall, 17. Jh.
Salzpfanne in einem Sudhaus im 18. Jh.
Die Gebäude der "Alten Saline" wurden 1851 vollendet.
Wasserräder im Hauptbrunnhaus treiben die Solepumpen an
Saline Bad Reichenhall um 1900. Mit Krucken wird das Salz an den Rand der Pfanne gezogen und herausgeschaufelt.
Saline Bad Reichenhall um 1900. Das nasse Salz kommt zum Trocknen auf den Dörrherd.
Von 1926 bis 1929 verlagerte man die Salzherstellung in die Neue Saline.
Haushaltspackung Bad Reichenhaller Salz 1950er Jahre

Ein kurzer Überblick über die Geschichte der Bad Reichenhaller Saline

Im Unterschied zu Orten mit einem Salzbergwerk stand in Bad Reichenhall bis ins 19. Jahrhundert nur natürlich entspringendes Salzwasser aus den Solequellen für die Salzerzeugung zur Verfügung. Diese Sole entsteht durch ins Berginnere sickerndes Regenwasser, welches dort das salzhaltige Gestein auslaugt und sich so mit Salz anreichert. Am Fuße des Gruttensteins, wo sich das Brunnhaus der Alten Saline befindet, tritt es in Form von Solequellen ([1]) zu Tage. Zur Herstellung von Salz wird in der Saline Sole so lange erhitzt, bis das Wasser verdampft ist und nur noch das Salz übrig bleibt.

Anfänge

Ob es in vorrömischer Zeit eine Salzproduktion gab, ist nicht geklärt. Ein Randleistenbeil aus der Zeit um 1.800 v. Chr., welches angeblich beim Bau der Alten Saline im Bereich der Solequellen gefunden wurde, könnte darauf hindeuten, dass die Quellen während der Bronzezeit bekannt gewesen sind. Eine regelrechte Salzproduktion für diese Zeit lässt sich jedoch bisher archäologisch nicht nachweisen und kann nur vermutet werden.

Zur Zeit der Römer (ab 15 v. Chr.) war die Reichenhaller Saline schon der bedeutendste Salzproduzent im Ostalpenraum, da die Salzbergwerke am Dürrnberg bei Hallein und in Hallstatt zu dieser Zeit ihren Betrieb weitgehend eingestellt hatten. Den Standort der Reichenhaller Saline nannte man „ad salinas“. Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches harrten weiterhin viele Einwohner im Reichenhaller Raum aus. Diese Romanen betrieben die Salzherstellung wohl auch während der Bajuwarenzeit weiter.

Aufstieg zum Monopolisten

Der bayerische Herzog Theodo II. schenkte im Jahr 696 ein Drittel der Saline der Salzburger Kirche unter dem heiligen Rupert. Dieses Jahr markiert die erste urkundliche Erwähnung der Saline und des Ortes, der von nun an „Hall“ (germanisch: Saline) genannt wurde. Einer Legende zufolge hat Rupert die verschütteten Reichenhaller Solequellen wieder zum Entspringen gebracht, indem er mit seinem Bischofsstab an die Stelle schlug, an der sie seither entspringen. Tatsächlich wurde unter Rupert die Salzproduktion verbessert und ausgebaut, denn die Saline entwickelte sich im 8. Jahrhundert zur einzigen exportorientierten Salz-Produktionsstätte im Ostalpenraum. (siehe auch: Älteste Binnensalinen u. Raffelstettener Zollordnung) Die Stadt Salzburg, das Land Salzburg und die Salzach verdanken ihre deutschen Namen der Salzherstellung in Reichenhall und dem Handel mit dem Reichenhaller Salz.

Damals gab es einen mit Holz ausgekleideten Solebrunnen, an dessen Rand mehrere Schöpfwerke, so genannte „Galgen“ standen. In unmittelbarer Nähe befanden sich zahlreiche kleine Hütten mit Siedepfannen aus Eisen oder Blei. Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts blieb die Reichenhaller Saline das wirtschaftliche Rückgrat der Salzburger Kirche. Insgesamt besaßen über 60 Eigentümer Anteile an der Saline, darunter der bayerische Herzog, der deutsche König und hohe Adelige sowie eine Reihe von süddeutschen Bistümern und Klöstern. Die Monopolstellung der Reichenhaller Saline im Salzhandel Süddeutschlands führte zu einer Hochblüte der Stadt im 12. Jahrhundert.

Zu dieser Zeit bestand die Saline aus mehreren Brunnen, etlichen Schöpfgalgen und etwa 60 kleinen Siedehütten. Die größte Menge Salz brachte man auf Schiffen über die Flüsse Salzach und Inn bis nach Passau. Von dort aus ging es entweder auf der Donau nach Regensburg und weiter nach Norden, oder Donau abwärts bis Wien. Einen Teil davon transportierte man von Passau über den „Goldenen Steig“ nach Böhmen.

Monopolbruch

Das um 1190 angeschlagene Salzbergwerk auf dem Dürrnberg und die dazugehörige Saline in Hallein südlich von Salzburg überholten sehr schnell die Reichenhaller Produktion. Denn auf dem Dürrnberg ließ sich durch das neu entwickelte Laugverfahren hochgrädige Sole in gewünschter Menge künstlich herstellen. Reichenhall konnte dabei nicht mithalten, denn dort stand nur die in ihrem Salzgehalt stark schwankende Natursole aus den Solequellen zur Verfügung. Die grundlegende Zerstörung Reichenhalls und seiner Saline durch den Salzburger Erzbischof Adalbert II. im Jahre 1196 tat ein Übriges. Es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis die Reichenhaller Salzproduktion wieder annähernd den Stand erreichte, den sie vor der Zerstörung hatte.

Das Monopol war gebrochen und Hallein übernahm in kürzester Zeit die Marktführerschaft im süddeutschen Salzhandel. Die Reichenhaller Saline verlor ihre Hauptabsatzgebiete im Donauraum und in Böhmen an Hallein. Dem Salz aus Reichenhall blieben nur noch das Herzogtum Bayern und Gebiete in Schwaben. Den Transport im großen Stil auf Wagen besorgten die „Sender“ (Salzhändler), während die Säumer kleine Mengen auf Saumpferden (ca. 150 kg pro Tier) verfrachteten. Mitte des 13. Jahrhunderts wurden die Solequellen in einem einzigen großen Brunnenschacht zusammengefasst.

Finanzielle Überforderung

In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren über 700 Personen direkt in der Salzerzeugung tätig. Die bürgerlichen Salinenbetreiber hatten die Siedeanlagen ursprünglich von den kirchlichen und adeligen Eigentümern gepachtet, waren aber im Laufe der Zeit immer einflussreicher geworden und gleichermaßen zu Besitzern aufgestiegen. Sie bezahlten nur noch sehr geringe Pachtzinsen und konnten die Sieden und Brunnenanteile an ihre Nachkommen vererben. Um rentabel produzieren zu können, mussten sie die Salzherstellung rationalisieren und Brennholz einsparen. Die bis dahin verwendeten Schöpfgalgen wurden 1438-1440 von dem „Salzkünstler“ Erhard Hann von Zabern durch ein zentrales Solehebewerk, ein „Paternosterwerk“, ersetzt. Angetrieben wurde es durch Wasser aus dem Alpgarten im Lattengebirge, das man in einer Leitung (welche auch die Stadt mit Wasser versorgte) nach Reichenhall führte. Ein Wasserrad mit einem Durchmesser von neun Metern setzte über einen Zahnradmechanismus ein Kammrad in Gang. An diesem hing eine Endloskette, an der Ledereimer angebracht waren.

Die 32 alten Siedestätten fasste man zu 16 größeren Sudhäusern zusammen. Ein großer Teil der „Vaher“ (Schöpfknechte) verlor seine Arbeit, was zu Aufruhr und „Streiks“ führte, an denen sich auch die „Pfannhauser“ (Beschäftigte im Sudhaus) beteiligten. Um die Saline konkurrenzfähig halten zu können, mussten im Laufe des 15. Jahrhunderts immer weitere Investitionen getätigt werden, was die Betreiber schließlich finanziell an ihre Grenzen stoßen ließ. Aus Sorge um einen der wichtigsten Wirtschaftszweige in seinem Herrschaftsbereich setzte der bayerische Herzog 1461 einen „Salzmeister“ (später: Salzmeier) als herzoglichen Beauftragten in der Saline ein.

Verstaatlichung

Herzog Georg der Reiche kaufte ab 1481 nach und nach alle Reichenhaller Siedeanlagen auf. Lediglich das Augustiner Chorherrenstift St. Zeno bei Reichenhall war noch bis 1616 als selbständiger Salzproduzent tätig. Die Leitung der gesamten Saline lag nun in Händen des „Salzmeiers“, dem etwa 300 Salinenarbeiter unterstanden, wovon gut die Hälfte in den Sudhäusern beschäftigt war. Die 1509 erlassene „Wald- und Sudordnung“ regelte unter anderem die Bewirtschaftung der Wälder und mit der Schaffung einer „Waldmeisterstelle“ wurde der Vorläufer des ersten bayerischen Forstamts gegründet. Für die Holzbringung (Brenn- und Nutzholz) waren zeitweise insgesamt bis zu 1000 Personen tätig.

Die bayerischen Herzöge waren finanziell in der Lage, die dringend notwendigen technischen Verbesserungen und Maßnahmen zur Energieeinsparung durchführen zu lassen. So wurde die Einfassung des 14 Meter tiefen Brunnenschachtes aus Marmor im Jahr 1507 durch Erasmus Grasser errichtet (siehe dazu [2]). Außerdem installierte dieser ein weniger störanfälliges „Kettengeschöpf“ anstelle des „Paternosterwerks“. Das neue Schöpfwerk bestand aus fünf Ketten mit jeweils 68 Pauschen, welche die Sole durch senkrechte Röhren emporhoben. Die ursprünglichen ledernen Pauschen mussten jedoch bald durch widerstandsfähige Scheiben aus Messing ersetzt werden. Um weitere Solequellen aufzuspüren, legte man unterirdische Gänge an, die im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut wurden. Ein neues Brunnhaus aus Stein, ebenfalls nach Grassers Plänen über den Solequellen errichtet, bestand im Wesentlichen bis zum Brand von 1834.

Von 1520 bis 1538 wurde der über vier Kilometer lange (1.911 Meter unterirdisch verlaufende) Grabenbach erbaut. Durch diesen fließt bis heute das im Bereich der Solequellen entspringende Süßwasser und das Antriebswasser der Fördertechnik ab. Im Jahre 1538 wurden die kleinen rechteckigen Salzpfannen mit den Maßen von etwa 360 cm mal 200 cm durch größere annähernd runde Pfannen mit einem Durchmesser von ca. 15 Meter ersetzt. Damals gab es insgesamt 12 Pfannen, von denen jeweils sechs gleichzeitig in Betrieb standen.

Technische Innovationen

Das größte Problem der Reichenhaller Saline ab dem 16. Jahrhundert stellte die Versorgung mit Brennholz dar, da die Wälder im Einzugsbereich von Reichenhall und in den „Bayerischen Saalforsten“ dazu nur mehr bedingt ausreichten. Nach dem Vorbild der Soleleitung von Hallstatt nach Ebensee in Österreich baute man von 1617 bis 1619 eine 32 Kilometer lange Soleleitung zur gleichzeitig errichteten Saline in Traunstein. In deren Umgebung waren noch genügend Wälder für die Brennholzbeschaffung verfügbar. Durch von Simon Reiffenstuel konstruierte, wasserbetriebene Kolbendruckpumpen in sieben Brunnhäusern (Pumpstationen) wurde eine Steigung von 250 Metern überwunden. Ein Drittel der in Reichenhall geförderten Sole floss von nun an nach Traunstein.

Ab 1745 wurden mehrere Gradierwerke errichtet, welche schließlich eine Länge von 720 Metern erreichten. Mittels Verdunstung durch Wind und Sonne konnte damit wertvolles Brennholz beim Versieden in der Saline eingespart werden. Dabei wurde die Sole über Wände von aufgeschichteten Bündeln aus Zweigen des Schwarzdorns geleitet. Dessen starke Verästelung und die vielen Dornen zerteilten das Salzwasser auf viele kleine Tropfen, was die Verdunstung begünstigte und so die „Grädigkeit“, den Salzgehalt der Sole, erhöhte.

Mitte des 18. Jahrhunderts standen fünf Sudhäuser in Betrieb. Darin befand sich jeweils eine annähernd runde offene Sudpfanne aus vernieteten Platten aus Eisenblech, die etwa 16 m lang, 13 m breit und 45 cm tief war. Von unten stützten Pfeiler, „Untersetzsteine“ genannt, aus gebranntem Ton die Pfanne. Jede Pfanne hing im Bereich über der Feuerstelle, wo sich keine Untersetzsteine befanden, an Haken bzw. Stangen, „Dechsen“ genannt, am Dachgebälk des Sudhauses. Dadurch sollten Verformungen der Pfanne vermieden werden. Pro Pfannhaus waren etwa zehn Personen in zwei Schichten beschäftigt und eine Siedeperiode dauerte in der Regel von Sonntag bis zum darauf folgenden Samstag. Alle zwei bis drei Stunden wurde das auskristallisierte Salz mit den „Krucken“ an den Rand der Pfanne gezogen. Dann wurde der Salzbrei in hölzerne, konische Gefäße, „Perkufen“ genannt, geschaufelt. Nach einer kurzen Trocknungszeit stürzte man die Perkufen und hob sie ab. Das auskristallisierte Salz war nun zu festen kegelförmigen Salzstöcken („Fudern“) verbunden und wurde in das beheizte Härthaus zur vollständigen Trocknung getragen. Die trockenen „Fuder“ zerhackte man in der Stoßstatt und füllte das Salz in Fässer. Die in Reichenhall übliche Versandeinheit war eine „Scheibe“, ein Holzfass mit ca. 68 kg Salz. Daneben gab es noch ein Fass mit 300 kg Inhalt, das „Krötel“ genannt wurde.

Nach einer Siedeperiode (eine Woche) musste die Pfanne ausgebessert und repariert werden. Dabei wurde Pfannenstein („Schrecken“) von der Pfannenoberfläche entfernt und man nietete, falls notwendig, neue Bleche an. Pro Pfanne und Sudperiode konnten durchschnittlich 80 Tonnen Salz erzeugt werden.

Reformen

Der Salinenoberkommissar Johann Sebastian von Clais führte ab 1782 mehrere Neuerungen ein. Technische Verbesserungen sowie Reformen im Personalwesen und der Bau eines modernen Sudhauses wurden umgesetzt. In diesem kam erstmals ein neues Siede-Verfahren zur Anwendung, bei dem die Sole zuerst in vier Vorwärmpfannen angewärmt und anschließend in vier Sudpfannen verdampft wurde. Billige Jutesäcke dienten nun anstatt der Holzfässer als Verpackung des Salzes. Eine Verbesserung der Salzqualität, eine Steigerung der Produktion um über 40 Prozent und ein um 11 Prozent reduzierter Holzverbrauch konnten damit erzielt werden. In der Saline waren zu dieser Zeit über 300 Personen beschäftigt.

Die Soleleitung nach Traunstein wurde 1810 bis zu einer neuen Saline in Rosenheim verlängert. Dort konnte man auf die Waldungen des 1803 säkularisierten Klosters Tegernsee zurückgreifen. Mit Hilfe von „Wassersäulenmaschinen“ des Ingenieurs Georg von Reichenbach pumpte man das Salzwasser dorthin. Ab 1817 floss durch eine weitere Soleleitung aus dem Salzbergwerk Berchtesgaden Sole zur Reichenhaller Saline. Die südbayerischen Salinen Berchtesgaden-Frohnreuth, Reichenhall, Traunstein, Rosenheim und das Salzbergwerk Berchtesgaden waren somit durch Soleleitungen verbunden, die Produktion auf vier Standorte verteilt.

Brand und Neubau

Etwa drei Viertel der Stadt Reichenhall samt der Saline fielen 1834 einer Brandkatastrophe zum Opfer. Die Salinenanlagen wurden schnellstens provisorisch in Stand gesetzt. Bereits wenige Tage nach dem Brand floss wieder Sole durch die Leitungen zu den Salinen in Traunstein und Rosenheim. Im Gegensatz zur abgebrannten Vorgänger-Saline sollte der Neubau nach dem Willen von König Ludwig I. (1786–1868) einem geometrischen Plan entsprechen. Alle technischen Bauten wurden in Backstein mit Rahmungen und Gesimsen in Nagelfluh ausgeführt und gruppieren sich geometrisch um drei Höfe. In westlicher Richtung erbaute man vier Sudhäuser, in denen jeweils eine Vorwärmpfanne und eine Siedepfanne installiert wurden. Über der Siedepfanne befand sich eine zweite Pfanne, die durch den aufsteigenden heißen Dampf erhitzt wurde und in der sich wegen der niedrigeren Temperatur grobkörniges Salz bildete. In der Vorwärmpfanne schieden sich Gips und Kalk aus der Sole ab. Oberhalb der Vorwärmpfanne war ein „Dörrherd“ angebracht, auf dem das Salz getrocknet werden konnte.

Direkt an die Sudhäuser schließen sich vier Magazine (Lager für fertiges Salz) an. Am Fuß des Berghangs befinden sich die Bauten der Solereserven und das Werkstattgebäude. Den Mittelpunkt der gesamten Anlage bildet das Hauptbrunnhaus, unter dem die Solequellen entspringen. Dort treiben zwei 13 Meter hohe oberschlächtige Wasserräder eine mächtige Pumpanlage an, welche die Sole aus dem Hauptschacht hebt.

Beim Neubau der Saline wurde darauf geachtet, dass durch großzügige Abstandsflächen zwischen den Gebäuden ein Übergreifen eines möglichen künftigen Feuers auf die nächstgelegenen Wirtschaftsgebäude verhindert würde. Die Salinenanlagen sind ein Werk der Architekten Friedrich von Gärtner (1792–1847) und Joseph Daniel Ohlmüller (1791–1839) sowie des Direktors der General-Bergwerks- und Salinen- Administration Friedrich von Schenk (1785-1866) und des ehemaligen Salinenadministrators Kaspar von Rainer. Bei den Salinenbauten, die 1851 vollendet waren, versuchten sie, die Zweckmäßigkeit eines Industriebaus mit dem Geschmacksempfinden der Romantik zu vereinen.

Der weitgereiste Metallurg und Mineraloge Carl Johann Bernhard Karsten (1782-1853), welcher als preußischer Oberbergrat die Bauangelegenheiten des gesamten preußischen Hütten- und Salzwesens leitete und als einer der besten Kenner der Materie überhaupt galt, bezeichnete die Anlage als „schönste Saline in der Welt“. Außerdem sei sie eine „vollkommene Anlage“, welche die besten bekannten Einrichtungen der verschiedenen deutschen Salinen zu einem System vereinige.

Neue Saline

Zu Ende des 19. Jahrhunderts verlor das einstige „Weiße Gold“ zunehmend an Marktwert. Das kostengünstige bergmännisch und bereits mittels Tiefbohrung gewonnene Steinsalz wurde immer erfolgreicher und drohte das Siedesalz der Salinen allmählich zu verdrängen. Im Jahre 1868 fiel zudem das staatliche Salzmonopol, das dafür gesorgt hatte, dass in Bayern nur bayerisches Salz in den Handel gelangen durfte. Die Energieversorgung der Saline stellte man 1911 gänzlich von Holz auf Torf und Kohle um und in den Sudhäusern wurden rechteckige abgedeckte Pfannen mit den Maßen 13 mal 8 Meter installiert. Im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen wurden die Salinen Traunstein 1912 und Berchtesgaden-Frohnreuth 1927 geschlossen. Die Sole aus dem Salzbergwerk Berchtesgaden floss seither nur noch nach Bad Reichenhall und Rosenheim.

Die Bauten der bestehenden Saline waren für den Einbau von modernen technischen Anlagen nicht mehr geeignet, weshalb man neue Gebäude am Rand der Altstadt von Bad Reichenhall errichtete. Nach einer Bauzeit von eineinhalb Jahren war 1926 die so genannte „Neue Saline“ fertiggestellt. Bis 1929 verlagerte man die Salzproduktion nach und nach von der nun „Alten Saline“ in die neuen Betriebsgebäude. Durch die Ausstattung mit einer Eindampfanlage nach dem Wärmepumpenprinzip, zusätzlich zu den herkömmlichen Siedepfannen, konnten Kosten eingespart und die Kapazität des Betriebes erweitert werden. Die Wärmepumpenanlage wurde mit Strom aus einem eigens bei Jettenberg errichteten Wasserkraftwerk betrieben. Die Jahresproduktion betrug etwa 12.000 Tonnen Pfannensalz und 9.000 Tonnen Siedesalz aus der Verdampferanlage. Durch einen eigenen Gleisanschluss an das Schienennetz der Eisenbahn konnten Kohle günstig angeliefert und Produkte schnell verschickt werden.

Im Jahr 1927 wurde die bis dahin als Amt organisierte Staatliche Salinenverwaltung Teil der „Bayerischen Berg- Hütten- und Salzwerke AG“ (BHS) [3] , die zur Gänze dem Freistaat Bayern gehörte. In den 1940er Jahren stieg der Salzabsatz stark an, weshalb man die Anlagen technisch weiter verbesserte und die direkt beheizten Pfannen durch eine dampfbeheizte Pfannenanlage ersetzte. Am 4. August 1943 vernichtete ein Brand große Teile der „Neuen Saline“. Zwei Monate später konnte die Produktion provisorisch wieder aufgenommen werden.

„Bad Reichenhaller Markensalz“

Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Nachfrage nach Salz wegen der fortschreitenden Industrialisierung an. Die Rohsalzproduktion wurde deshalb ausgebaut und die Eindampfanlage um eine Vakuumanlage erweitert. Mitte der 1950er Jahre lag die Jahresproduktion bei 55.000 Tonnen. 1957 erfolgte die Schaffung der Marke „Bad Reichenhaller Spezialsalz“ und in den folgenden Jahren die erfolgreiche Einführung der Marke „Bad Reichenhaller Markensalz“ in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Die Entwicklung von neuen Produkten und kundengerechten Verpackungsformen wurde konsequent vorangetrieben.

Aus Gründen der Rationalisierung wurde die veraltete Rosenheimer Saline 1958 geschlossen und die bayerische Salzerzeugung damit auf Bad Reichenhall konzentriert. Seit 1961 ersetzt eine neue Soleleitung von Berchtesgaden über den Pass Hallthurm die alte Leitung, welche seit 1817 über die Schwarzbachwacht geführt hatte. Im Jahre 1965 löste schweres Heizöl die Kohle als Brennstoff ab. 1968 erbaute man eine Salzlagerhalle mit einem Fassungsvermögen von 12.000 Tonnen für Auftausalz zur Straßenstreuung. Die technischen Anlagen wurden in den 1960er Jahren fortlaufend erneuert und ihre Leistung erhöht. So hatten auch die energieintensiven Pfannensalzanlagen 1974 ausgedient und wurden abgebaut. Bei sinkendem Energieeinsatz stieg die jährliche Produktion auf 220.000 Tonnen an. Im Jahr 1984 stellte man die Energieversorgung auf umweltfreundlicheres Erdgas um. Von 1968 bis 1972 erfolgten Aufschlussbohrungen zur zusätzlichen Förderung von Natursole. Ende der 1980er Jahre wurde die Eindampfanlage durch eine umweltschonende Thermokompressionsanlage (Wärmepumpe zur Soleeindampfung) ersetzt. Für das auf 190 Artikel angewachsene Sortiment errichtete man neue Lagergebäude. Der Energiebedarf der Saline wird seit 1992 fast ausschließlich durch elektrischen Strom gedeckt.

Der Freistaat Bayern verkaufte die BHS 1991 an die „Süddeutsche Kalkstickstoffwerke AG“ (SKW Trostberg). Damit endete die fast 500 Jahre währende Epoche der Saline als Staatsbetrieb. Ab 1995 waren die SKW Trostberg und damit die Saline Bad Reichenhall Teil der SÜDSALZ GmbH, welche seit 2001 mehrheitlich der Südwestdeutschen Salzwerke AG gehörte. Am 1. August 2016 ist die SÜDSALZ AG erloschen; die Saline Bad Reichenhall gehört seither direkt zur Südwestdeutsche Salzwerke AG.

Literatur

Haus der bayerischen Geschichte (Hg.): Salz Macht Geschichte, Katalog u. Aufsatzband Bayerische Landesausstellung 1995

Fritz Hofmann: Reichenhaller Salzbibliothek, Band V, 1999

Johannes Lang: Geschichte von Bad Reichenhall, 2009. S. 35-567, 715-717, 829-830

Herbert Pfisterer: Bad Reichenhall in seiner bayerischen Geschichte, 1988

Salz. Katalog Salzburger Landesausstellung 1994

SÜDSALZ GmbH (Hrsg.): 75 Jahre Neue Saline Bad Reichenhall, 2001

Heinrich Wanderwitz: Studien zum mittelalterlichen Salzwesen in Bayern,1984

Siehe auch:

Ortsnamen mit Hall (Etymologie)-----Älteste Binnensalinen-----Raffelstettener Zollordnung-----Brennholzversorgung der Saline Reichenhall-----Bayerische Soleleitungen-----Gradierhaus Bad Reichenhall-----Alte Saline Bad Reichenhall-----Grabenbach (Bad Reichenhall)----- Salinenarbeiter - Mittelalter bis 18. Jh.: [4] ----- Bayerische Saalforste-----Salztransport und Salzhandel ----- Salzfässer----- Brunnenschacht [5]

Links

Krucke, 19. Jh., Heimathaus Traunstein

Johannes Lang: Drei Länder - Drei Strategien, Sole und Holz: Ressourcen als Mittel der Salinen-Konkurrenz in Bayern, Salzburg und Berchtesgaden: [6]

Johannes Lang: Neue Wege aus der Energiekrise. Saalforste und Holztrift im Dienste der Saline Reichenhall, Teil 1, Heimatblätter 2/2008: [7] . Teil 2, Heimatblätter 4/2008: [8]

Südwestdeutsche Salzwerke AG: [9]

Alte Saline Bad Reichenhall: [10]

Deutsches Museum: Salzbergbau und Solegewinnung [11]


Bearbeitung: Andreas Hirsch