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[[Datei:Brunnhaus bis 1834.JPG|mini|Brunnhaus der Reichenhaller Saline vor dem Brand von 1834 mit Dachreiterturm der Kapelle]] | |||
Die neue Brunnhauskapelle nimmt innerhalb des Werkskomplexes eine Sonderstellung ein. Ihre Eigenschaft als ideeller Mittelpunkt der Anlage kommt durch ihren zentralen und erhöhten Standort oberhalb des Brunnhauses und der Solequellen zum Ausdruck. Auffällig sind das große Radfenster und das bunte Dach. Ein Turm fehlt; die Glocken und das Ziffernblatt der Uhr sind im Giebel untergebracht. Die Kapelle ist nur scheinbar auf das Hauptbrunnhaus gesetzt; sie steht auf einem Felsvorsprung des Gruttensteins hinter dem Gebäude. Baulich mit diesem verbunden ist sie vom zweiten Obergeschoß aus zu betreten. Der dreischiffige Raum ist zwei Joche tief und auf drei Seiten mit Emporen ausgestattet. Ein Kreuzrippengewölbe überspannt den Raum. Das mittlere Schiff wird im Westen durch eine zweigeschossige Empore von einem halben Joch Tiefe abgeschlossen. Das Mittelschiff erhält dadurch eine quadratische Grundfläche, wodurch der Innenraum wie ein Zentralraum wirkt und an eine Palastkapelle erinnert. | Die neue Brunnhauskapelle nimmt innerhalb des Werkskomplexes eine Sonderstellung ein. Ihre Eigenschaft als ideeller Mittelpunkt der Anlage kommt durch ihren zentralen und erhöhten Standort oberhalb des Brunnhauses und der Solequellen zum Ausdruck. Auffällig sind das große Radfenster und das bunte Dach. Ein Turm fehlt; die Glocken und das Ziffernblatt der Uhr sind im Giebel untergebracht. Die Kapelle ist nur scheinbar auf das Hauptbrunnhaus gesetzt; sie steht auf einem Felsvorsprung des Gruttensteins hinter dem Gebäude. Baulich mit diesem verbunden ist sie vom zweiten Obergeschoß aus zu betreten. Der dreischiffige Raum ist zwei Joche tief und auf drei Seiten mit Emporen ausgestattet. Ein Kreuzrippengewölbe überspannt den Raum. Das mittlere Schiff wird im Westen durch eine zweigeschossige Empore von einem halben Joch Tiefe abgeschlossen. Das Mittelschiff erhält dadurch eine quadratische Grundfläche, wodurch der Innenraum wie ein Zentralraum wirkt und an eine Palastkapelle erinnert. | ||
Der Innenraum wurde im romanisch-byzantinischen Stil gestaltet und von Joseph Anton Schwarzmann (1806-1890) ornamental ausgemalt. Der aus dem Tiroler Oberland stammende Dekorationsmaler wurde von König Ludwig I. gefördert. Schwarzmann besuchte die königliche Kunstakademie in München und arbeitete nach einem Bildungsaufenthalt in Wien mit den vom König bevorzugten Architekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner zusammen. Als gefragter Dekorationsmaler war er unter anderem bei der Ausmalung des Doms zu Speyer, der Ludwigskirche in München und des Pompejanums in Aschaffenburg beteiligt. In der Reichenhaller Brunnhauskapelle stellte er eine thematische Verbindung zur Saline her, indem er neben einem Salzfass und dem bayerischen Rautenschild (Mittelschiff) die Zunft-Zeichen der an der Saline tätigen Handwerker (Seitenschiffe) auf die Schlusssteine des Gewölbes malte. Ein Dreipass über dem Chorbogen symbolisiert die Heilige Dreifaltigkeit: „'''P'''ater et '''F'''ilius et '''S'''piritus sanctus“. Abgesehen von den Kreuzsymbolen zeigen Schwarzmanns Malereien insgesamt viel Dekoration und wenig Inhalt. | Der Innenraum wurde im romanisch-byzantinischen Stil gestaltet und von Joseph Anton Schwarzmann (1806-1890) ornamental ausgemalt. Der aus dem Tiroler Oberland stammende Dekorationsmaler wurde von König Ludwig I. gefördert. Schwarzmann besuchte die königliche Kunstakademie in München und arbeitete nach einem Bildungsaufenthalt in Wien mit den vom König bevorzugten Architekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner zusammen. Als gefragter Dekorationsmaler war er unter anderem bei der Ausmalung des Doms zu Speyer, der Ludwigskirche in München und des Pompejanums in Aschaffenburg beteiligt. In der Reichenhaller Brunnhauskapelle stellte er eine thematische Verbindung zur Saline her, indem er neben einem Salzfass und dem bayerischen Rautenschild (Mittelschiff) die Zunft-Zeichen der an der Saline tätigen Handwerker (Seitenschiffe) auf die Schlusssteine des Gewölbes malte. Ein Dreipass über dem Chorbogen symbolisiert die Heilige Dreifaltigkeit: „'''P'''ater et '''F'''ilius et '''S'''piritus sanctus“. Abgesehen von den Kreuzsymbolen zeigen Schwarzmanns Malereien insgesamt viel Dekoration und wenig Inhalt. | ||
[[Datei:Korbinian.jpg|mini|Hl. Korbinian im rechten Fenster in der Brunnhauskapelle]] | |||
In der Apsis des Mittelschiffs zeigen drei Glasfenster den auferstandenen Christus, den heiligen Rupert mit Salzfass und den heiligen Korbinian. (Eine außergewöhnliche Darstellung mit Kirchenmodell anstatt des üblichen Bären). Sie stammen aus der Werkstatt der „ Mayer’schen Hofkunstanstalt“ in München. Dieser Betrieb war 1847 von Joseph Gabriel Mayer als „Kunstanstalt für kirchliche Arbeiten“ gegründet worden und vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert mit seinen farbigen Glasfenstern weltweit erfolgreich. Unter anderem lieferte dieses heute noch tätige Unternehmen 1905 das Fenster mit der Heilig-Geist-Taube über der „Cathedra Petri“ (Hochaltar) im Petersdom zu Rom. | In der Apsis des Mittelschiffs zeigen drei Glasfenster den auferstandenen Christus, den heiligen Rupert mit Salzfass und den heiligen Korbinian. (Eine außergewöhnliche Darstellung mit Kirchenmodell anstatt des üblichen Bären). Sie stammen aus der Werkstatt der „ Mayer’schen Hofkunstanstalt“ in München. Dieser Betrieb war 1847 von Joseph Gabriel Mayer als „Kunstanstalt für kirchliche Arbeiten“ gegründet worden und vor allem im 19. und frühen 20. Jahrhundert mit seinen farbigen Glasfenstern weltweit erfolgreich. Unter anderem lieferte dieses heute noch tätige Unternehmen 1905 das Fenster mit der Heilig- Geist-Taube über der „Cathedra Petri“ (Hochaltar) im Petersdom zu Rom. | ||
Im Jahre 1904 wurde die Brunnhauskapelle umgestaltet: Der Altar aus weißem Marmor im neoklassizistischen Stil und die Skulpturen in den Seitenschiffen - eine Madonna (links) sowie der heilige Josef (rechts) - kamen hinzu. Die Orgel (1904) ist ein Werk des bekannten Münchner Orgelbauers Franz Borgias Maerz (1848-1910), der auch das große Instrument für St. Zeno schuf. Der Steinboden der Brunnhauskapelle besteht aus Untersberger und Adneter Marmor. König Ludwig I. besaß einen Marmor-Steinbruch am Untersberg. Sein Vater Max I. Joseph hatte ihm noch kurz vor der Rückgabe des Landes Salzburg an Österreich (1816) den Steinbruch geschenkt. | Im Jahre 1904 wurde die Brunnhauskapelle umgestaltet: Der Altar aus weißem Marmor im neoklassizistischen Stil und die Skulpturen in den Seitenschiffen - eine Madonna (links) sowie der heilige Josef (rechts) - kamen hinzu. Die Orgel (1904) ist ein Werk des bekannten Münchner Orgelbauers Franz Borgias Maerz (1848-1910), der auch das große Instrument für St. Zeno schuf. Der Steinboden der Brunnhauskapelle besteht aus Untersberger und Adneter Marmor. König Ludwig I. besaß einen Marmor-Steinbruch am Untersberg. Sein Vater Max I. Joseph hatte ihm noch kurz vor der Rückgabe des Landes Salzburg an Österreich (1816) den Steinbruch geschenkt. | ||