Augustiner-Chorherrenstift St. Zeno: Unterschied zwischen den Versionen

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Während St. Zeno bis in die 1160er Jahre zu den vorbildlichen Augustiner-Chorherrenstiften zählte, kam es seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert zusehends zu einem Verfall der klösterlichen Sitten. 1225 erfolgte eine Reformierung des Konvents, ebenso in den 30er Jahren des 14. Jahrhunderts. In den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts kam es im Kontext territorialpolitischer Spannungen zwischen Bayern und Salzburg zu erneuten Reformdiskussionen, was 1481 zum Amtsverzicht des Propstes Johannes III. Weinfelder und zur Installierung des Salzburger Domherrn Ludwig Ebmer führte. Unter dem selbstbewussten Ebmer gelang eine ökonomische Konsolidierung, verbunden mit der Erlangung der Pontifikalien 1483.  
Während St. Zeno bis in die 1160er Jahre zu den vorbildlichen Augustiner-Chorherrenstiften zählte, kam es seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert zusehends zu einem Verfall der klösterlichen Sitten. 1225 erfolgte eine Reformierung des Konvents, ebenso in den 30er Jahren des 14. Jahrhunderts. In den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts kam es im Kontext territorialpolitischer Spannungen zwischen Bayern und Salzburg zu erneuten Reformdiskussionen, was 1481 zum Amtsverzicht des Propstes Johannes III. Weinfelder und zur Installierung des Salzburger Domherrn Ludwig Ebmer führte. Unter dem selbstbewussten Ebmer gelang eine ökonomische Konsolidierung, verbunden mit der Erlangung der Pontifikalien 1483.  


Eine Brandkatastrophe führte 1512 zum Umbau der Stiftskirche im gotischen Baustil durch den Salzburger Hofbaumeister Peter Inzinger. In der Folge war das Stift hoch verschuldet. Zusammen mit den Auswirkungen der Reformation kam es noch vor der Mitte des 16. Jahrhunderts zu einem neuerlichen Verfall der klösterlichen Disziplin. Während der damit verbundenen rund sieben Jahrzehnte andauernden Krise stand das Stift wiederholt vor der Auflösung. Eine Verbesserung der Verhältnisse stellte sich erst mit dem Amtsantritt des Reformpropstes Bernhard I. Fischer 1628 ein. Von diesem Reformwerk konnten noch die Nachfolger Fischers zehren. Vor allem die Pröpste Joseph Ertl und Floridus I. Penker zeichneten sich durch eine intensive Bautätigkeit im Bereich der zenonischen Filialkirchen aus.
Eine Brandkatastrophe führte 1512 zum Umbau der Stiftskirche im gotischen Baustil durch den Salzburger Hofbaumeister [[Inzinger, Peter|Peter Inzinger]]. In der Folge war das Stift hoch verschuldet. Zusammen mit den Auswirkungen der Reformation kam es noch vor der Mitte des 16. Jahrhunderts zu einem neuerlichen Verfall der klösterlichen Disziplin. Während der damit verbundenen rund sieben Jahrzehnte andauernden Krise stand das Stift wiederholt vor der Auflösung. Eine Verbesserung der Verhältnisse stellte sich erst mit dem Amtsantritt des Reformpropstes Bernhard I. Fischer 1628 ein. Von diesem Reformwerk konnten noch die Nachfolger Fischers zehren. Vor allem die Pröpste Joseph Ertl und Floridus I. Penker zeichneten sich durch eine intensive Bautätigkeit im Bereich der zenonischen Filialkirchen aus.


'''Bautätigkeit'''
'''Bautätigkeit'''
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Die dreischiffig untergliederte und mit einem angedeuteten Querschiff versehene Stiftskirche gilt mit einem Ausmaß von 90 m Außenlänge (Portalvorbau eingeschlossen) und 37 m Außenbreite (Querbau eingschlossen) als die größte romanische Basilika Altbayerns. Der Grundriss der Klosteranlage macht deutlich, dass der Kirchenbau ursprünglich in geringeren Ausmaßen geplant gewesen war. Als Hauptgeldgeber für die Fortsetzung der Baumaßnahmen ist das Reichenhaller Bürgertum anzusprechen. Von herausragender Qualität ist das bald nach 1200 zu datierende Trichterportal aus rotem und weißem Untersberger Marmor. Als Vorbilder für St. Zeno sind der Salzburger Dom, der Dom zu Gurk und San Zeno di Verona zu nennen.
Die dreischiffig untergliederte und mit einem angedeuteten Querschiff versehene Stiftskirche gilt mit einem Ausmaß von 90 m Außenlänge (Portalvorbau eingeschlossen) und 37 m Außenbreite (Querbau eingschlossen) als die größte romanische Basilika Altbayerns. Der Grundriss der Klosteranlage macht deutlich, dass der Kirchenbau ursprünglich in geringeren Ausmaßen geplant gewesen war. Als Hauptgeldgeber für die Fortsetzung der Baumaßnahmen ist das Reichenhaller Bürgertum anzusprechen. Von herausragender Qualität ist das bald nach 1200 zu datierende Trichterportal aus rotem und weißem Untersberger Marmor. Als Vorbilder für St. Zeno sind der Salzburger Dom, der Dom zu Gurk und San Zeno di Verona zu nennen.


In den Jahren 1484–1486 entstand die Grabkapelle (Gnadenkapelle) des Propstes Ludwig Ebmer durch den Baumeister Christian Inzinger. Nach einem Großfeuer 1512, das Kirche und Konventsbauten zum Teil schwer in Mitleidenschaft gezogen hatte, erfolgte unter den Pröpsten Oswald Verg und Wolfgang Lueger der bis 1523 andauernde Wiederaufbau im gotischen Stil. Die Baumaßnahmen leitete der Salzburger Hofbaumeister Peter Inzinger; die herausragenden Kunstdenkmäler in der heutigen Kirche (Katechismustafeln, Taufstein, Kanzel, Chorgestühl) stammt aus dieser Zeit und weisen bereits Merkmale der Renaissance auf. Zug um Zug wurde die Stiftskirche in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts barockisiert. Beim Kirchenbrand 1789 wurde das Gotteshaus nur geringfügig beschädigt.
In den Jahren 1484–1486 entstand die Grabkapelle (Gnadenkapelle) des Propstes Ludwig Ebmer durch den Baumeister [[Inzinger, Christian|Christian Inzinger]]. Nach einem Großfeuer 1512, das Kirche und Konventsbauten zum Teil schwer in Mitleidenschaft gezogen hatte, erfolgte unter den Pröpsten Oswald Verg und Wolfgang Lueger der bis 1523 andauernde Wiederaufbau im gotischen Stil. Die Baumaßnahmen leitete der Salzburger Hofbaumeister [[Inzinger, Peter|Peter Inzinger]]; die herausragenden Kunstdenkmäler in der heutigen Kirche (Katechismustafeln, Taufstein, Kanzel, Chorgestühl) stammt aus dieser Zeit und weisen bereits Merkmale der Renaissance auf. Zug um Zug wurde die Stiftskirche in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts barockisiert. Beim Kirchenbrand 1789 wurde das Gotteshaus nur geringfügig beschädigt.


Die Konventsbauten errichtete man so wie den Kirchenbau ab den 1120er Jahren. Der ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert stammende ursprünglich flach gedeckte Kreuzgang wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gotisch überwölbt. Im Kreuzgang befindet sich ein Quaderstein mit dem Relief eines Kaisers im Krönungsornat, der gemeinhin mit Kaiser Friedrich Barbarossa identifiziert wird. Neuere Forschungen ergaben, dass es sich um eine Zweitverwendung des Steins an dieser Stelle handelt. 1484 entstand ein neuer Speisesaal; möglicherweise wurden um diese Zeit auch die Prälatur sowie der so genannte Neubau, ein Gebäude entlang der Straße, errichtet. (Siehe auch: [[Kirche St. Zeno Bad Reichenhall - Kurze Baugeschichte]])
Die Konventsbauten errichtete man so wie den Kirchenbau ab den 1120er Jahren. Der ebenfalls aus dem 12. Jahrhundert stammende ursprünglich flach gedeckte Kreuzgang wurde in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts gotisch überwölbt. Im Kreuzgang befindet sich ein Quaderstein mit dem Relief eines Kaisers im Krönungsornat, der gemeinhin mit Kaiser Friedrich Barbarossa identifiziert wird. Neuere Forschungen ergaben, dass es sich um eine Zweitverwendung des Steins an dieser Stelle handelt. 1484 entstand ein neuer Speisesaal; möglicherweise wurden um diese Zeit auch die Prälatur sowie der so genannte Neubau, ein Gebäude entlang der Straße, errichtet. (Siehe auch: [[Kirche St. Zeno Bad Reichenhall - Kurze Baugeschichte]])