Chiemgau: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Gebiet nördlich und östlich von Gars am Inn lag im [[Isengau]].
Das Gebiet nördlich und östlich von Gars am Inn lag im [[Isengau]].


Eine mögliche politische Bedeutung der mittelalterlichen Gaue ist in der historischen Forschung bis heute nicht hinreichend geklärt. Nach dem Sturz des Herzogshauses der Agilolfinger 788, und der Eingliederung Bayerns in das Frankenreich teilte man das Land in Grafschaften ein, die von Grafen geleitet wurden. Damit hatten die Gaue ihre frühere wohl politische bzw. verwaltungstechnische Bedeutung verloren und ihre Namen wurden zu reinen Landschaftsbezeichnungen. Etliche dieser Namen, wie z.B. [[Gau Inter Valles|Inter Valles]] ("zwischen den Tälern"), [[Isengau]], Mattiggau, Sundergau, [[Zeidlarngau]] und [[Salzburggau]] verschwanden im Laufe der Jahrhunderte. "Chiemgau" ist der einzige Gauname der Agilolfingerzeit, der sich in [[Altbayern]] bis heute erhalten hat. Allerdings ist noch nicht eingehend untersucht, inwieweit die Bezeichnung durchgängig in Gebrauch war oder erst später (im 18. oder 19. Jahrhundert) in historisierender Absicht für ein größeres Gebiet wiederbelebt wurde. Johann Andreas Schmeller schreibt 1837: ''Von den ältern Bezirksnamen dieser Art leben noch mehrere im Volke fort; z. B. das Allgäu, Attergäu, Chiemgäu (Kheǝ ͂ kǝ), Duenagäu (Donaugäu) „Dunkǝ ͂“ , Pinzgäu etc.''
Eine mögliche politische Bedeutung der mittelalterlichen Gaue ist von der historischen Forschung bis heute nicht hinreichend geklärt. Nach dem Sturz des Herzogshauses der Agilolfinger 788, und der Eingliederung Bayerns in das Frankenreich teilte man das Land in Grafschaften ein, die von Grafen geleitet wurden. Damit hatten die Gaue ihre frühere wohl politische bzw. verwaltungstechnische Bedeutung verloren und ihre Namen wurden zu reinen Landschaftsbezeichnungen. Etliche dieser Namen, wie z.B. [[Gau Inter Valles|Inter Valles]] ("zwischen den Tälern"), [[Isengau]], Mattiggau, Sundergau, [[Zeidlarngau]] und [[Salzburggau]] verschwanden im Laufe der Jahrhunderte. "Chiemgau" ist der einzige Gauname der Agilolfingerzeit, der sich in [[Altbayern]] bis heute erhalten hat. Allerdings ist noch nicht eingehend untersucht, inwieweit die Bezeichnung durchgängig in Gebrauch war oder erst später (im 18. oder 19. Jahrhundert) in historisierender Absicht für ein größeres Gebiet wiederbelebt wurde. Johann Andreas Schmeller schreibt 1837: ''Von den ältern Bezirksnamen dieser Art leben noch mehrere im Volke fort; z. B. das Allgäu, Attergäu, Chiemgäu (Kheǝ ͂ kǝ), Duenagäu (Donaugäu) „Dunkǝ ͂“ , Pinzgäu etc.''


Das Kloster Baumburg verfügte laut den Urbaren von 1204 und 1245 über Besitz „im Chiemgau“ in Chieming, Höchstätt, Stöttham, Aufham, Pfaffing und Laimgrub. Die Orte liegen alle in unmittelbarer Nähe von Chieming.  
Das Kloster Baumburg verfügte laut den Urbaren von 1204 und 1245 über Besitz „im Chiemgau“ in Chieming, Höchstätt, Stöttham, Aufham, Pfaffing und Laimgrub. Die Orte liegen alle in unmittelbarer Nähe von Chieming.  
In einem Herzogsurbar aus den Jahren nach 1301 erscheint für die Gegend nördlich des Grassauer Tals (Tal der Tiroler Ache) die Bezeichnung ''„in dem Chyemkäv“'' (Chiemgäu, sächlich!). Das Landgericht Traunstein war seit dem 14. Jahrhundert in so genannte Schergenämter unterteilt. Dazu gehörte das „ampt in dem Chiempkäv“ welches ein Gebiet zwischen dem Chiemsee und der Traun umfasste. Im 15. Jahrhundert änderte man die Einteilung. Dadurch entstand das „Amt Oberchiemgau“, das in etwa dem alten Amt Chiemgau (ohne den Bergener Winkel) entsprach und von Bernhaupten bei Bergen bis Erlstätt reichte. Das „Amt Niederchiemgau“ umfasste das Gebiet nördlich von Erlstätt bis Haßmonig bei St. Georgen. Diese Einteilung blieb bis ins späte 18. Jahrhundert bestehen.  
In einem Herzogsurbar aus den Jahren nach 1301 erscheint für die Gegend nördlich des Grassauer Tals (Tal der Tiroler Ache) die Bezeichnung ''„in dem Chyemkäv“'' (Chiemgäu, sächlich!). Das Landgericht Traunstein war seit dem 14. Jahrhundert in so genannte Schergenämter unterteilt. Dazu gehörte das „ampt in dem Chiempkäv“ welches ein Gebiet zwischen dem Chiemsee und der Traun umfasste. Im 15. Jahrhundert änderte man die Einteilung. Dadurch entstand das „Amt Oberchiemgau“, das in etwa dem alten Amt Chiemgau (ohne den Bergener Winkel) entsprach und von Bernhaupten bei Bergen bis Erlstätt reichte. Das „Amt Niederchiemgau“ umfasste das Gebiet nördlich von Erlstätt bis Haßmonig bei St. Georgen. Diese Einteilung blieb bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts bestehen.  




'''Adelsgeschlechter im Chiemgau'''
'''Adelsgeschlechter im Chiemgau'''


In den Geschichtsquellen finden sich Hinweise darauf, dass Grafschaften auf Grundlage von Gauen errichtet wurden. Allerdings bestanden innerhalb eines Gaus auch mehrere Grafschaften oder Grafschaften dehnten sich über Gaugrenzen oder mehrere Gaue hinweg aus. Die moderne Geschichtswissenschaft beurteilt die Einführung und Verwendung der Begriffe „Gaugraf“ und „Gaugrafschaft“ durch Historiker des 18. und 19. Jahrhunderts als Konstrukt ohne Quellengrundlage.
In den Geschichtsquellen finden sich Hinweise darauf, dass Grafschaften auf Grundlage von Gauen errichtet wurden. Allerdings bestanden oft innerhalb eines Gaus auch mehrere Grafschaften oder Grafschaften dehnten sich über Gaugrenzen oder mehrere Gaue hinweg aus. Die beiden Begriffe ''Gau'' und ''Grafschaft'' müssen daher nicht in einem Zusammenhang stehen. Die moderne Geschichtswissenschaft beurteilt die Einführung und Verwendung der Begriffe „Gaugraf“ und „Gaugrafschaft“ durch Historiker des 18. und 19. Jahrhunderts als Konstrukt ohne Quellengrundlage.
Im Chiemgau verfügten um 1200 bedeutende Adelsgeschlechter über Besitz und Rechte, starben jedoch im 13. Jh. aus: Im Südwesten und westlich des Chiemsees die Grafen von Falkenstein (erloschen 1272) mit dem Hauptsitz „Hadmarsberg“ (Hartmannsberg) und im Nordwesten die Grafen von Wasserburg (erl. 1259). Den Grafen von Ortenburg und Kraiburg (erl. 1248)  gehörte die Herrschaft Marquartstein und Besitz nördlich des Chiemsees. Nach dem Erlöschen dieser Geschlechter wollten sowohl die Salzburger Erzbischöfe als auch die bayerischen Herzöge deren Rechte und Besitz an sich bringen.
Im Chiemgau verfügten um 1200 bedeutende Adelsgeschlechter über Besitz und Rechte, starben jedoch im 13. Jh. aus: Im Südwesten und westlich des Chiemsees die Grafen von Falkenstein (erloschen 1272) mit dem Hauptsitz „Hadmarsberg“ (Hartmannsberg) und im Nordwesten die Grafen von Wasserburg (erl. 1259). Den Grafen von Ortenburg und Kraiburg (erl. 1248)  gehörte die Herrschaft Marquartstein und Besitz nördlich des Chiemsees. Nach dem Erlöschen dieser Geschlechter wollten sowohl die Salzburger Erzbischöfe als auch die bayerischen Herzöge deren Rechte und Besitz an sich bringen.