Florianiplatz (Bad Reichenhall): Unterschied zwischen den Versionen

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[[Image:Floriani.JPG|thumbnail|Der Florianiplatz vor 1895 mit dem steinernen Brunnen]]
[[Image:Rutzenlacken.JPG|thumbnail|Grundriss des Wohnturms der Familie Rutzenlacken]]
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Der Florianiplatz liegt in der Oberen Stadt, die durch den letzten großen Stadtbrand von 1834 nicht zerstört wurde. Zuvor war der Bereich Jahrhunderte lang als Dingstatt-Viertel bekannt. Dort befand sich wohl bereits seit dem 8. Jahrhundert am heutigen Florianiplatz die so genannte Dingstätte oder der Thingplatz, wo sich die freien Männer zum Taiding, der einmal jährlich abgehaltenen Gerichtsversammlung trafen.
Der Florianiplatz liegt in der Oberen Stadt, die durch den letzten großen Stadtbrand von 1834 nicht zerstört wurde. Zuvor war der Bereich Jahrhunderte lang als Dingstatt-Viertel bekannt. Dort befand sich wohl bereits seit dem 8. Jahrhundert am heutigen Florianiplatz die so genannte Dingstätte oder der Thingplatz, wo sich die freien Männer zum Taiding, der einmal jährlich abgehaltenen Gerichtsversammlung trafen.
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Im Dingstatt-Viertel wohnten im späten Mittelalter viele Bürger, die in verschiedenen Bereichen der Saline tätig waren. Vor allem Küfer, die Salzfässer herstellten und Arbeiter in den Härthäusern (Salz-Trocknungsanlagen) waren dort ansässig. Während des 18. Jahrhunderts lebten am Florianiplatz vorwiegend Arbeiter und Taglöhner.
Im Dingstatt-Viertel wohnten im späten Mittelalter viele Bürger, die in verschiedenen Bereichen der Saline tätig waren. Vor allem Küfer, die Salzfässer herstellten und Arbeiter in den Härthäusern (Salz-Trocknungsanlagen) waren dort ansässig. Während des 18. Jahrhunderts lebten am Florianiplatz vorwiegend Arbeiter und Taglöhner.


Am Nordende des Florianiplatzes befand sich der Wohnturm der Patrizierfamilie Rutzenlacken, dessen Reste sich bis heute in den Mauern des „Sichlerhauses“ am Florianiplatz 3 verbergen. Auf den Reichenhaller Stadtansichten von Hans Donauer (um 1590) und Michael Wening (ca. 1700) ist ein Geschlechterturm – wohl jener der Familie Rutzenlacken - zu erkennen. Die Familie Rutzenlacken war über sechs Generationen (ca. 1150 bis 1365) in Reichenhall ansässig, trat aber auch als Gewerke (Betreiber) eines Kupferbergwerks in der damals bayerischen Stadt Kitzbühel in Erscheinung.  
Am Nordende des Florianiplatzes befand sich der [[Geschlechtertürme|Wohnturm]] der Patrizierfamilie Rutzenlacken, dessen Reste sich bis heute in den Mauern des „Sichlerhauses“ am Florianiplatz 3 verbergen. Auf den Reichenhaller Stadtansichten von Hans Donauer (um 1590) und Michael Wening (ca. 1700) ist ein Geschlechterturm – wohl jener der Familie Rutzenlacken - zu erkennen.  
Diese bürgerlichen Salinenbetreiber hatten die Siedeanlagen ursprünglich von den kirchlichen und adeligen Eigentümern gepachtet, waren aber im Laufe der Zeit immer einflussreicher geworden und gleichermaßen zu Besitzern aufgestiegen. Sie bezahlten nur noch sehr geringe Pachtzinsen und konnten die Sieden und Brunnenanteile an ihre Nachkommen vererben. Die Familien waren im „Rat der Sechzehn“, dem Stadtrat, vertreten und konnten so die Geschicke der Stadt mitbestimmen.
Die Familie Rutzenlacken war über sechs Generationen (ca. 1150 bis 1365) in Reichenhall ansässig, trat aber auch als Gewerke (Betreiber) eines Kupferbergwerks in der damals bayerischen Stadt Kitzbühel in Erscheinung.  


Der Florianiplatz ist bereits auf einem Plan aus dem Jahre 1817 als Floriangasse bezeichnet. Worauf die Benennung zurückzuführen ist, lässt sich nur vermuten. Da keine St. Florian-Kapelle oder dergleichen nachweisbar ist, könnte das Stadtviertel schon bei einem länger zurückliegenden Brand verschont worden sein, woraufhin man den Platz dem Schutzpatron vor Feuergefahr weihte. (Der Grund für die Benennung der sich anschließenden Sebastianigasse ist ebenfalls unbekannt.) Der 1895 errichtete Brunnen aus Gusseisen mit dem Standbild des heiligen Florian folgte einem steinernen Brunnen, dessen älterer Brunnensäule man im 19. Jahrhundert einen neugotischen Aufsatz mit einer Nische aufgesetzt hatte. Vermutlich schützte dieser Aufsatz eine hölzerne Figur des heiligen Florian, die zuvor frei auf der Brunnensäule gestanden hatte, vor Witterungseinflüssen, wie in den Heimatblättern zum 100-jährigen Jubiläum der Freiwilligen Feuerwehr vom 9. Oktober 1965 berichtet wird.
Der Florianiplatz ist bereits auf einem Plan aus dem Jahre 1817 als Floriangasse bezeichnet. Worauf die Benennung zurückzuführen ist, lässt sich nur vermuten. Da keine St. Florian-Kapelle oder dergleichen nachweisbar ist, könnte das Stadtviertel schon bei einem länger zurückliegenden Brand verschont worden sein, woraufhin man den Platz dem Schutzpatron vor Feuergefahr weihte. (Der Grund für die Benennung der sich anschließenden Sebastianigasse ist ebenfalls unbekannt.) Der 1895 errichtete Brunnen aus Gusseisen mit dem Standbild des heiligen Florian folgte einem steinernen Brunnen, dessen älterer Brunnensäule man im 19. Jahrhundert einen neugotischen Aufsatz mit einer Nische aufgesetzt hatte. Vermutlich schützte dieser Aufsatz eine hölzerne Figur des heiligen Florian, die zuvor frei auf der Brunnensäule gestanden hatte, vor Witterungseinflüssen.  


Im Haus Florianiplatz 6 wurde 1899 die als „Heldenmädchen von den Drei Zinnen“ bekannt gewordene Soldatin [[Savs, Victoria|Victoria Savs]] als Tochter eines Schuhmachers geboren.  
Im Haus Florianiplatz 6 wurde 1899 die als „Heldenmädchen von den Drei Zinnen“ bekannt gewordene Soldatin [[Savs, Victoria|Victoria Savs]] als Tochter eines Schuhmachers geboren.  
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'''Bearbeitung:''' Andreas Hirsch
'''Bearbeitung:''' Andreas Hirsch
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Datei:Obere Stadt 1700.JPG|Das Dingstatt-Viertel um 1700 mit dem Rutzenlacken-Turm
Datei:Sichlerhaus 1.JPG|Das Sichlerhaus am Florianiplatz
Datei:Flori.JPG|Florianiplatz
Datei:Tafel Florian.JPG|Blechtafel mit Bild des heiligen Florian
Datei:Florianipl1930.JPG|Florianiplatz vor 1936
Datei:FlorianiPlatz.JPG|Florianiplatz mit Spechtenkopf und Predigtstuhl
Datei:Floribr.JPG|Brunnen am Florianiplatz
Datei:Brunnenfigur.JPG|Brunnenfigur
Datei:Bild Flo.JPG|Fassadenbild
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Aktuelle Version vom 16. August 2018, 08:45 Uhr

Der Florianiplatz vor 1895 mit dem steinernen Brunnen
Grundriss des Wohnturms der Familie Rutzenlacken

Der Florianiplatz liegt in der Oberen Stadt, die durch den letzten großen Stadtbrand von 1834 nicht zerstört wurde. Zuvor war der Bereich Jahrhunderte lang als Dingstatt-Viertel bekannt. Dort befand sich wohl bereits seit dem 8. Jahrhundert am heutigen Florianiplatz die so genannte Dingstätte oder der Thingplatz, wo sich die freien Männer zum Taiding, der einmal jährlich abgehaltenen Gerichtsversammlung trafen.

Im Dingstatt-Viertel wohnten im späten Mittelalter viele Bürger, die in verschiedenen Bereichen der Saline tätig waren. Vor allem Küfer, die Salzfässer herstellten und Arbeiter in den Härthäusern (Salz-Trocknungsanlagen) waren dort ansässig. Während des 18. Jahrhunderts lebten am Florianiplatz vorwiegend Arbeiter und Taglöhner.

Am Nordende des Florianiplatzes befand sich der Wohnturm der Patrizierfamilie Rutzenlacken, dessen Reste sich bis heute in den Mauern des „Sichlerhauses“ am Florianiplatz 3 verbergen. Auf den Reichenhaller Stadtansichten von Hans Donauer (um 1590) und Michael Wening (ca. 1700) ist ein Geschlechterturm – wohl jener der Familie Rutzenlacken - zu erkennen. Diese bürgerlichen Salinenbetreiber hatten die Siedeanlagen ursprünglich von den kirchlichen und adeligen Eigentümern gepachtet, waren aber im Laufe der Zeit immer einflussreicher geworden und gleichermaßen zu Besitzern aufgestiegen. Sie bezahlten nur noch sehr geringe Pachtzinsen und konnten die Sieden und Brunnenanteile an ihre Nachkommen vererben. Die Familien waren im „Rat der Sechzehn“, dem Stadtrat, vertreten und konnten so die Geschicke der Stadt mitbestimmen. Die Familie Rutzenlacken war über sechs Generationen (ca. 1150 bis 1365) in Reichenhall ansässig, trat aber auch als Gewerke (Betreiber) eines Kupferbergwerks in der damals bayerischen Stadt Kitzbühel in Erscheinung.

Der Florianiplatz ist bereits auf einem Plan aus dem Jahre 1817 als Floriangasse bezeichnet. Worauf die Benennung zurückzuführen ist, lässt sich nur vermuten. Da keine St. Florian-Kapelle oder dergleichen nachweisbar ist, könnte das Stadtviertel schon bei einem länger zurückliegenden Brand verschont worden sein, woraufhin man den Platz dem Schutzpatron vor Feuergefahr weihte. (Der Grund für die Benennung der sich anschließenden Sebastianigasse ist ebenfalls unbekannt.) Der 1895 errichtete Brunnen aus Gusseisen mit dem Standbild des heiligen Florian folgte einem steinernen Brunnen, dessen älterer Brunnensäule man im 19. Jahrhundert einen neugotischen Aufsatz mit einer Nische aufgesetzt hatte. Vermutlich schützte dieser Aufsatz eine hölzerne Figur des heiligen Florian, die zuvor frei auf der Brunnensäule gestanden hatte, vor Witterungseinflüssen.

Im Haus Florianiplatz 6 wurde 1899 die als „Heldenmädchen von den Drei Zinnen“ bekannt gewordene Soldatin Victoria Savs als Tochter eines Schuhmachers geboren.

Die Häuser des Florianiplatzes und der Oberen Stadt, die den großen Stadtbrand von 1834 unbeschadet überstanden haben, reichen zum Teil in das 16. und 17. Jahrhundert zurück. Sie sind meist giebelständig mit vorkragenden Flachsattel- oder Schopfwalmdächern errichtet. Die flachen Dächer waren bis ins 20. Jahrhundert hinein mit Legschindeln gedeckt und mit Steinen beschwert. An nahezu allen Fenstern waren Klappläden angebracht. Die Bauten vermitteln eine Ahnung davon, wie Reichenhall vor Jahrhunderten in weiten Teilen ausgesehen haben muss.

Quellen:

Fritz Hofmann: Ein rätselhaftes Bauwerk, Befestigung, Wohnturm oder Kirche am Florianiplatz in Bad Reichenhall, Heimatblätter 3/1962

Johannes Lang: Geschichte von Bad Reichenhall, 2009

Johannes Lang: Straßennamen als Spiegel der Zeit, Heimatblätter 3/2009

100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Bad Reichenhall, Heimatblätter 09.10.1965

Bearbeitung: Andreas Hirsch