Ortenau, Gustav: Unterschied zwischen den Versionen

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Von 1882-87 studierte Gustav Ortenau Humanmedizin an der dortigen Universität und schloss mit der Promotion ab. 1890 ließ er sich als Lungenfacharzt in Bad Reichenhall nieder. Seine Wohnung und Praxis befand sich in einem Haus am Parkweg (heute: Adolf-Bühler-Weg), wo er in deutscher, englischer, französischer und italienischer Sprache ordinierte. Außerhalb der Bad Reichenhaller Kursaison betrieb er vom 15. Oktober bis 1. Mai eines jeden Jahres seit 1893 in Nervi (östlich von Genua) an der italienischen Riviera di Levante ein Kursanatorium – die aus zwei Villen bestehende Heilanstalt „Hygiea“ –, das vor allem für Lungenkranke eingerichtet war. Wie kein anderer Reichenhaller Badearzt tat sich Ortenau politisch hervor, indem er sich für maßgebliche Investitionen des aufstrebenden Königlichen Bades engagierte. Er war immerhin der erste, der noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs erstmalig die Vision aufbrachte, Bad Reichenhall könne Garnisonsstadt für eine Gebirgstruppe werden, obwohl es eine solche Kampfeinheit im Deutschen Reich noch gar nicht gab. 1912 setzte sich der Arzt mit der damals in Bad Reichenhall leidenschaftlich diskutierten Frage auseinander, ob das Staatsbad ein Weltkurort sei. Sein Einfluss ging über den medizinischen hinaus und wurde auch auf politisch-gesellschaftlicher Ebene wahrgenommen. Gustav Ortenau galt als belesen, er betätigte sich auch selbst als Literat. „Die Göttliche Komödie“ von Dante Alighieri beispielsweise übersetzte er vom Italienischen ins Deutsche – zu einem Zeitpunkt, als es unschicklich war, nichtdeutsche Literatur zu lesen. Sein Schreibtisch war jener, der vor 1847 dem deutsch-jüdischen Dichter Heinrich Heine gehört hatte und über dessen Arzt Leopold Wertheim, den Großvater Gustav Ortenaus, an ihn gelangt war. Auf diesem Weg kam Heinrich Heines Schreibtisch um 1890 nach Bad Reichenhall und nach der Flucht der Familie vor den Nationalsozialisten 1939 über Basel schließlich nach Jerusalem, wo er im dortigen Nationalmuseum bis heute das „Deutsche Zimmer“, auch genannt „Ortenau-Room“, ziert.
Von 1882-87 studierte Gustav Ortenau Humanmedizin an der dortigen Universität und schloss mit der Promotion ab. 1890 ließ er sich als Lungenfacharzt in Bad Reichenhall nieder. Seine Wohnung und Praxis befand sich in einem Haus am Parkweg (heute: Adolf-Bühler-Weg), wo er in deutscher, englischer, französischer und italienischer Sprache ordinierte. Außerhalb der Bad Reichenhaller Kursaison betrieb er vom 15. Oktober bis 1. Mai eines jeden Jahres seit 1893 in Nervi (östlich von Genua) an der italienischen Riviera di Levante ein Kursanatorium – die aus zwei Villen bestehende Heilanstalt „Hygiea“ –, das vor allem für Lungenkranke eingerichtet war. Wie kein anderer Reichenhaller Badearzt tat sich Ortenau politisch hervor, indem er sich für maßgebliche Investitionen des aufstrebenden Königlichen Bades engagierte. Er war immerhin der erste, der noch vor Beginn des Ersten Weltkriegs erstmalig die Vision aufbrachte, Bad Reichenhall könne Garnisonsstadt für eine Gebirgstruppe werden, obwohl es eine solche Kampfeinheit im Deutschen Reich noch gar nicht gab. 1912 setzte sich der Arzt mit der damals in Bad Reichenhall leidenschaftlich diskutierten Frage auseinander, ob das Staatsbad ein Weltkurort sei. Sein Einfluss ging über den medizinischen hinaus und wurde auch auf politisch-gesellschaftlicher Ebene wahrgenommen. Gustav Ortenau galt als belesen, er betätigte sich auch selbst als Literat. „Die Göttliche Komödie“ von Dante Alighieri beispielsweise übersetzte er vom Italienischen ins Deutsche – zu einem Zeitpunkt, als es unschicklich war, nichtdeutsche Literatur zu lesen. Sein Schreibtisch war jener, der vor 1847 dem deutsch-jüdischen Dichter Heinrich Heine gehört hatte und über dessen Arzt Leopold Wertheim, den Großvater Gustav Ortenaus, an ihn gelangt war. Auf diesem Weg kam Heinrich Heines Schreibtisch um 1890 nach Bad Reichenhall und nach der Flucht der Familie vor den Nationalsozialisten 1939 über Basel schließlich nach Jerusalem, wo er im dortigen Nationalmuseum bis heute das „Deutsche Zimmer“, auch genannt „Ortenau-Room“, ziert.


Im Jahr 1904 heiratete Dr. Ortenau die Kunstmalerin und Bildhauerin Adele Peiser. Das Ehepaar hatte die beiden Kinder Irma (1905–1956) und Erich (1912–1995). Der Mediziner besaß ab 1893 das Lungensanatorium „Hygiea“ in Nervi bei Genua, das er jeweils in den Monaten von Oktober bis April leitete, während er in den Sommermonaten in Bad Reichenhall praktizierte.
Im Jahr 1904 heiratete Dr. Ortenau die Kunstmalerin und Bildhauerin Adele Peiser. Das Ehepaar hatte die beiden Kinder Irma (1905–1956) und Erich (1912–1995). Der Mediziner besaß ab 1893 das Lungensanatorium „Hygiea“ in Nervi bei Genua, das er jeweils in den Monaten von Oktober bis April leitete, während er in den Sommermonaten in Bad Reichenhall praktizierte.
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'''Quellen:'''
== Quellen ==


Germanisches Nationalmuseum /Haus der Bayerischen Geschichte (HG.), Siehe der Stein schreit aus der Mauer, Nürnberg 1988, S. 422-423.
Germanisches Nationalmuseum /Haus der Bayerischen Geschichte (HG.), Siehe der Stein schreit aus der Mauer, Nürnberg 1988, S. 422-423.