Pfarrkirche St. Valentin (Marzoll): Unterschied zwischen den Versionen

keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
(22 dazwischenliegende Versionen von 2 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
{{Vorlage:KatMarzoll}}
Die ehemalige Wallfahrtskirche im [[Bad Reichenhall]]er Stadtteil [[Marzoll (Bad Reichenhall)|Marzoll]] ist die Pfarrkirche der Pfarrei St. Valentin in der Katholischen Stadtkirche Bad Reichenhall.
Die ehemalige Wallfahrtskirche im [[Bad Reichenhall]]er Stadtteil [[Marzoll (Bad Reichenhall)|Marzoll]] ist die Pfarrkirche der Pfarrei St. Valentin in der Katholischen Stadtkirche Bad Reichenhall.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
[[Image: Kirche Marzoll.JPG|thumbnail|Die Pfarrkirche St. Valentin in Marzoll von Osten]]
[[Image: Kirche Marzoll.JPG|thumbnail|Die Pfarrkirche St. Valentin in Marzoll von Osten]]
[[Image: Marzoll innen.JPG|thumbnail|Das Innere von St. Valentin]]
[[Image: SaVa.JPG|thumbnail|Die Figur des heiligen Valentin ist ein Werk des Salzburger Bildhauers Hans Waldburger von 1626. Sie stand ursprünglich auf dem früheren Hochaltar.]]


Die Kirche in Marzoll wurde in der Notitia Arnonis, dem Salzburger Güterverzeichnis von 788/790 erstmals genannt. Um 1140 entstand ein romanischer Neubau. Nach dem Abbruch der romanischen Apsis errichtete man einen gotischen Chor, der in der Folgezeit als Grablege für das Geschlecht der Fröschl diente. Johann II. Ebser, Bischof von Chiemsee, weihte das fertig gestellte Gotteshaus 1437 dem heiligen Valentin von Terni. Zuvor war es wohl dem heiligen Valentin von Rätien geweiht, da in Marzoll früher das Patrozinium an dessen Festtag, dem 7. Januar gefeiert wurde. Ende des 15. Jahrhunderts wurde das Langhaus eingewölbt, das große Nordportal eingefügt und der Turm mit einem hohen gotischen Spitzhelm errichtet.
Die Kirche in Marzoll wurde in der [[Salzburger Güterverzeichnisse|Notitia Arnonis]], dem Salzburger Güterverzeichnis von 788/790 erstmals genannt. Um 1140 entstand ein romanischer Neubau. Nach dem Abbruch der romanischen Apsis errichtete man einen gotischen Chor, der in der Folgezeit als Grablege für das Geschlecht der Fröschl diente. Johann II. Ebser, Bischof von Chiemsee, weihte das fertig gestellte Gotteshaus 1437 dem heiligen Valentin von Terni. Zuvor war es wohl dem heiligen Valentin von Rätien geweiht, da in Marzoll früher das Patrozinium an dessen Festtag, dem 7. Januar gefeiert wurde. Ende des 15. Jahrhunderts wurde das Langhaus eingewölbt, das große Nordportal eingefügt und der Turm mit einem hohen gotischen Spitzhelm errichtet.


Der Beginn der bedeutenden Wallfahrt zum Heiligen Valentin in der Marzoller Kirche geht auf ein Wunder im Jahre 1496 zurück, bei dem ein Kind aus Thalgau von der Epilepsie geheilt worden sein soll. Die meisten Wallfahrer kamen aus salzburgischen Orten der näheren und weiteren Umgebung, aus Wals, Piding, Ainring und Bergheim, auch aus Salzburghofen, Saaldorf, Anthering und Thalgau. Die Wallfahrt, bei der vor allem lebende schwarze Hennen geopfert wurden, erreichte im 17. und 18. Jahrhundert ihre höchste Blüte und kam nach der Aufklärung zum Erliegen.
Der Beginn der bedeutenden Wallfahrt zum Heiligen Valentin in der Marzoller Kirche geht auf ein Wunder im Jahre 1496 zurück, bei dem ein Kind aus Thalgau von der Epilepsie geheilt worden sein soll. Die meisten Wallfahrer kamen aus salzburgischen Orten der näheren und weiteren Umgebung, aus Wals, Piding, Ainring und Bergheim, auch aus Salzburghofen, Saaldorf, Anthering und Thalgau. Die Wallfahrt, bei der vor allem lebende schwarze Hennen geopfert wurden, erreichte im 17. und 18. Jahrhundert ihre höchste Blüte und kam nach der Aufklärung zum Erliegen.
Zeile 10: Zeile 13:
In den Jahren 1714/1715 erfolgte an der Nordseite der Anbau der Sakristei, der Vorhalle und der Oratorien (Logen) für die Schlossherrschaft. Möglicherweise hatte die Familie Lasser von Lasseregg auf Schloss Marzoll den Bau der Oratorien veranlasst. 1729 stellte man einen barocken Hochaltar auf. Der Spitzhelm des Turms musste 1746-1748 der barocken Zwiebelhaube weichen. Von 1747 bis 1750 wurde der Innenraum im Rokokostil umgestaltet.
In den Jahren 1714/1715 erfolgte an der Nordseite der Anbau der Sakristei, der Vorhalle und der Oratorien (Logen) für die Schlossherrschaft. Möglicherweise hatte die Familie Lasser von Lasseregg auf Schloss Marzoll den Bau der Oratorien veranlasst. 1729 stellte man einen barocken Hochaltar auf. Der Spitzhelm des Turms musste 1746-1748 der barocken Zwiebelhaube weichen. Von 1747 bis 1750 wurde der Innenraum im Rokokostil umgestaltet.
   
   
Im Zuge der Säkularisation von 1803 wurde das Augustiner-Chorherrenstift  St. Zeno, die Mutterpfarrei aller Kirchen im Reichenhaller Tal, aufgehoben. Die Kuratie Marzoll trennte man von der Pfarrei Gmain (Großgmain), zu der sie seit dem 14. Jahrhundert gehört hatte. Seit 1809 ist Marzoll eine selbständige Pfarrei. Zwischen 1816 und 1822 wurden die Diözesangrenzen an die Staatsgrenzen angeglichen. Das südostbayerische Gebiet, welches seit jeher kirchlich zur Erzdiözese Salzburg gehört hatte,  fiel nun in die Zuständigkeit des Erzbistums München und Freising. Heute ist St. Valentin ein Teil der Katholischen Stadtkirche Bad Reichenhall.
Im Zuge der Säkularisation von 1803 wurde das Augustiner-Chorherrenstift  St. Zeno, die Mutterpfarrei aller Kirchen im Reichenhaller Tal, aufgehoben. Die Kuratie Marzoll trennte man von der [[Pfarreien im 18. Jahrhundert (Karte)|Pfarrei Gmain]] (Großgmain), zu der sie seit dem 14. Jahrhundert gehört hatte. Seit 1809 ist Marzoll eine selbständige Pfarrei. Zwischen 1816 und 1822 wurden die Diözesangrenzen an die Staatsgrenzen angeglichen. Das südostbayerische Gebiet, welches seit jeher kirchlich zur Erzdiözese Salzburg gehört hatte,  fiel nun in die Zuständigkeit des Erzbistums München und Freising. Heute ist St. Valentin ein Teil der Katholischen Stadtkirche Bad Reichenhall.


'''Beschreibung'''
'''Beschreibung'''
Zeile 21: Zeile 24:


An der Nordseite der Kirche befindet sich das so genannte „Allerseelenkammerl“, der Rest eines Karners (Beinhauses). Darin wurden Gebeine aus dem meist zu kleinen Friedhof aufbewahrt. Der Altar aus dem 17. Jahrhundert zeigt eine Pietá und darüber Gott Vater.  
An der Nordseite der Kirche befindet sich das so genannte „Allerseelenkammerl“, der Rest eines Karners (Beinhauses). Darin wurden Gebeine aus dem meist zu kleinen Friedhof aufbewahrt. Der Altar aus dem 17. Jahrhundert zeigt eine Pietá und darüber Gott Vater.  
An der Ostseite des Chores steht eine Totenleuchte aus dem 15. Jahrhundert. Dominikus Winkler, der erste Pfarrer von Marzoll, konnte sie 1811 vor der behördlich angeordneten Zerstörung retten, indem er sie zu einem Kriegerdenkmal für die Gefallenen der Napoleonischen Kriege umfunktionierte. Es handelt sich dabei um eines der ersten Kriegerdenkmäler der Region.
An der Ostseite der Kirche steht eine [[Altes Kriegerdenkmal - Totenleuchte (Marzoll)|Totenleuchte]] aus dem 15. Jahrhundert. [[Winkler, Dominik|Dominik Winkler]], der erste Pfarrer von Marzoll, konnte sie 1811 vor der behördlich angeordneten Zerstörung retten, indem er sie zu einem Kriegerdenkmal für die Gefallenen der Napoleonischen Kriege umfunktionierte. Es handelt sich dabei um eines der ersten Kriegerdenkmäler der Region.


'''Siehe auch:''' [[Fröschl (Patrizierfamilie)]]
'''Glockengeläut:''' [https://www.youtube.com/watch?v=TXHBdKi9gYk]


== Literatur ==
== Literatur ==
Zeile 28: Zeile 34:
Walter Brugger: St. Valentin Marzoll,  Kirchenführer, Regensburg 1997
Walter Brugger: St. Valentin Marzoll,  Kirchenführer, Regensburg 1997


Andreas Hirsch: St. Valentin - Helfer gegen die Frais, Marzoll war einst ein viel besuchter Wallfahrtsort, Heimatblätter 2/2009
Andreas Hirsch: St. Valentin - Helfer gegen die Frais, Marzoll war einst ein viel besuchter Wallfahrtsort, Heimatblätter 2/2009 [https://heimatkundeverein-reichenhall.de/fileadmin/PDFs/heimatblaetter/heimatblaetter_2009_2_c.pdf]


Johannes Lang: Die Kuratie Marzoll, in: St. Zeno in Reichenhall, Geschichte des Augustiner-Chorherrenstifts von der Gründung bis zur Säkularisation, München 2009
Johannes Lang: Die Kuratie Marzoll, in: St. Zeno in Reichenhall, Geschichte des Augustiner-Chorherrenstifts von der Gründung bis zur Säkularisation, München 2009


Johannes Lang: Denkmäler und Veteranenvereine, Erinnerungskultur infolge der „Franzosenkriege“, in: Friederike Zaisberger (Hrsg.): Der Russlandfeldzug 1812 und der Salzachkreis – Schicksale im Krieg und Daheim, Salzburg 2013
Johannes Lang: Denkmäler und Veteranenvereine, Erinnerungskultur infolge der „Franzosenkriege“, in: Friederike Zaisberger (Hrsg.): Der Russlandfeldzug 1812 und der Salzachkreis – Schicksale im Krieg und Daheim, Salzburg 2013
'''Bearbeitung:''' Andreas Hirsch
<gallery>
Datei: SV 4.JPG|Vorhalle von St. Valentin mit spätgotischem Portal und Epitaph von Degenhard I. Fröschl (+1495).
Datei: DSC01991.JPG|Gotisches Fresko im Chorraum
Datei: SV 5.JPG|Käfig für die geopferten Hühner hinter dem Hochaltar
Datei: SV 9.JPG| Votivbild zum heiligen Valentin (Marzoll), 19.Jh
Datei: SV 10.JPG|Votivbild (Marzoll), erste Hälfte 19. Jh.
Datei: SV 6.JPG|St. Valentin um 1740 vor der Barockisierung
Datei: SV 7.JPG|Rest des Beinhauses von St. Valentin
Datei: SV 8.JPG|Gotische Totenleuchte auf dem Marzoller Friedhof
Datei:Andachtsbild 1.jpg|Andachtsbild, 18. Jh.
Datei:Andachtsbild 2.jpg|Andachtsbild, 18. Jh.
Datei:Pfarreien 18.Jh.JPG|Die Kuratie Marzoll gehörte zur Pfarrei Gmain
</gallery>