Pneumatische Kammern (Bad Reichenhall)

Auf Empfehlung seines berühmten Vaters Justus von Liebig wurde Georg von Liebig (1827-1903) im Jahre 1859 Salinen- und Landgerichtsarzt in Reichenhall. Er führte u. a. Versuche mit veränderten Luftdruckverhältnissen durch. Zusammen mit Dr. Friedrich Kammerer hielt Liebig Kontakt zur Wiener medizinischen Schule, die damals den weltweit besten Ruf genoss. Vom Wiener Mediziner Rudolph Ritter von Vivenot jun. (1833-1870) stammten die maßgeblichen Ideen zum Entwurf von Pneumatischen Kammern.

Pneumatische Kammern im Dianabad 1866
Pneumatische Kammern im Dianabad vor 1914

In eisenarmierten und luftdicht abgeschlossenen Metallkammern wurde mittels Luftpumpen und Ventilen erhöhter Luftdruck erzeugt. Dies rief eine Verringerung der Atmungsfrequenz der in den Kammern sitzenden Patienten hervor. Ein über 1 ½ - stündiger Aufenthalt in den Kammern verschaffte Asthmatikern eine Linderung ihrer Beschwerden, die danach über einen längeren Zeitraum anhielt.

Im Jahre 1866 installierte man im Dianabad der Brüder Mack die ersten Pneumatischen Kammern. Nach einer Beschreibung Georg von Liebigs bestand die Anlage „aus drei Cabinetten, welche durch eine Vorkammer in Verbindung stehen. Jedes Cabinett hat einen Durchmesser von 7 Fuss bayerisch, bei 8 Fuss Höhe, so dass 3 bis 4 Personen bequem darin Platz haben; es können also im Ganzen 9 bis 12 Personen gleichzeitig die Heilwirkung der comprimierten Luft geniessen. Wie bekannt verweilt der Kranke 1 Stunde 30 Minuten bis 1 Stunde 40 Minuten in dem Apparate, von welcher Zeit eine Stunde unter dem constanten Drucke von 1 ½ Atmosphaeren (ca. 1,5 bar) zugebracht wird. Die übrige Zeit wird auf das Steigen und Fallen des Druckes verwendet.“ Derartige Anlagen wurden nach und nach auch in weiteren Kuranstalten eingebaut; unter anderem auch im Kurmittelhaus, wo in elf Kammern bis zu 125 Patienten Platz fanden. Die Anlagen blieben bis 1980 in Betrieb. Die Pneumatischen Kammern begründeten den Weltruf Bad Reichenhalls als Heilbad für die Behandlung von Atemwegserkrankungen.


Literatur

Johannes Lang, Geschichte von Bad Reichenhall, 2009, S. 595 – 600

Bearbeitung: Andreas Hirsch