Saalachtalbahn

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Skizze über einen möglichen Streckenverlauf der "Reichenhallerbahn" (Sammlung Isabella Frank)

Saalachtalbahn ist ein Sammelbegriff für mehrere Eisenbahn-Projekte, deren Umsetzung von privaten und kommunalen Initiativen von den 1870er Jahren bis nach dem Zweiten Weltkrieg gefordert wurde. Es ging dabei um den Bau von unterschiedlichen Varianten einer oder mehrerer Bahnen im Bereich zwischen Salzburg, Bad Reichenhall, Saalfelden, St. Johann in Tirol und Wörgl. Die zuständigen Behörden in Österreich und vor allem in Bayern lehnten diese Vorschläge ab. Es erfolgten weder konkrete Planungen noch Baumaßnahmen. Weitere Bezeichnungen sind Reichenhallerbahn, Lofererbahn.

Der ursprüngliche Gedanke, eine Lokalbahn zu schaffen, um den nordöstlichen Bezirk Kitzbühel und den unteren Pinzgau an die bestehende Eisenbahnstrecke Freilassing – Bad Reichenhall anzubinden, wich zu Beginn des 20. Jahrhunderts der weitreichenden Vision einer internationalen Fernverkehrsverbindung. Damit wäre dieses Gebiet einer enormen Verkehrsbelastung – vergleichbar mit jener des Inntals – ausgesetzt worden.


Wie der Mythos „Saalachtalbahn“ entstand

Entgegen der landläufig verbreiteten Ansicht  ist der Gasthof Auvogl in Weißbach bei Lofer nicht als Bahnhof, sondern als Gaststätte mit Fremdenzimmern geplant worden.

Die Dipl.-Geographin Isabella Frank gilt als profunde Expertin für das Thema „Saalachtalbahn“. Durch mehrjährige Recherche in öffentlichen und privaten Archiven  hat sie ihr umfangreiches Wissen darüber erworben. Während ihres Vortrags beim Reichenhaller Heimatkundeverein gelang es der Referentin dem Mythos Saalachtalbahn Konturen zu verleihen, wodurch die Zuhörer eine konkrete Vorstellung von diesem Themenkomplex bekamen.

Der Bau der Eisenbahnstrecke Salzburg-Bischofshofen–Wörgl, auch Salzburg Tiroler-Bahn oder Giselabahn genannt, war noch nicht abgeschlossen, als die Idee aufkam, Reichenhall über eine Eisenbahnlinie mit dem Pinzgau zu verbinden. Die „Salzburger Bank“ beantragte 1873 eine Konzession für eine Linie Reichenhall–Saalfelden mit Anschluss an die neue Salzburg-Tiroler-Bahn, welche aber nicht erteilt wurde.

Im Jahre 1884 griffen ein Zementwerksbesitzer aus St. Johann in Tirol und der Wiener Zivilingenieur Karl Smetana diese Idee auf und beantragten in Bayern und Österreich Konzessionen für einen Lokalbahnbau von St. Johann/Tirol über Unken nach Reichenhall. Die eingereichten Vorstudien dazu wurden von beiden Staaten abgelehnt. Diese befürchteten nämlich eine Konkurrenz zu ihren bestehenden Linien Salzburg–Bischofshofen–Wörgl und Salzburg–Kufstein–Wörgl. Eine erneute Initiative ging 1898 von den Pinzgauer Gemeinden Saalfelden, St. Martin, Lofer und Unken aus, die eine Lokalbahn Saalfelden–Lofer verwirklichen wollten, was aber letztlich im Sande verlief.

Im Jahre 1898 forderte ein Aktionskomitee bestehend aus Tiroler und Pinzgauer Mitgliedern „die beiden Linien Reichenhall–St. Johann/Tirol und Saalfelden–Lofer als untrennbares Ganzes anzusehen und den gleichzeitigen Bau beider Linien anzustreben“. Vertreter aus Politik, Handel- und Gewerbe aus Reichenhall nahmen erstmals an den Versammlungen teil. Die Pläne wurden jedoch vom k.k. Eisenbahnministerium abgelehnt.

Der Bad Reichenhaller Magistrat reichte 1905 eine Petition ein, die das k.b. Verkehrsministerium mit der Begründung ablehnte, dass die Verbindung von Reichenhall über Lofer nach St. Johann/Tirol überwiegend von österreichischem Interesse wäre, von der Reichenhall profitieren würde, jedoch die daraus entstehenden Nachteile für die bayerischen Staatsbahnen höherrangig wären, weswegen das Bahnprojekt keine Perspektive habe. Im Jahre 1907 schlug eine österreichische Privatinitiative eine zweigleisige Streckenführung von Salzburg über Großgmain, Bad Reichenhall, Lofer, Waidring–St. Johann/Tirol–Ellmau nach Wörgl vor. Für den Kurort Bad Reichenhall sei durch den Anschluss an eine internationale Fernverkehrsverbindung ein hohes Entwicklungspotential und eine Wechselwirkung mit anderen Kurorten wie Meran zu erwarten, so die Initiatoren.

Der Bad Reichenhaller Bürgermeister Dr. Fritz Söllner verfasste eine eigene Gedenkschrift, die er am 08.12.1907 im Hotel „Deutscher Kaiser“ der Öffentlichkeit vorstellte und in der erstmals die Bezeichnung „Saalachtalbahn“ für das Projekt fiel. Außerdem setzte sich Anton Puchner, Wirt der „Blauen Traube“, für die Sache ein. Für Heiterkeit unter den Zuhörern sorgte die Anmerkung der Referentin, dass der in der Kurstadt ansässige Botaniker Carl Curt Hosseus darauf hinwies, dass mit dem Projekt zwischen Japan und London eine Streckenverkürzung von 100 Kilometern eintreten würde.

Bad Reichenhall wollte nach dem Zusammenbruch des Kurtourismus durch den Ersten Weltkrieg an den „Weltverkehr“ angeschlossen werden, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. So erfolgten 1919 und 1927 weitere vergebliche Vorstöße. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhoffte sich Bad Reichenhall den Anschluss an eine damals diskutierte Linie Wien-Salzburg–St.Johann/Tirol–Arlberg. Die Eisenbahndirektion lehnte die Forderung ab und wies darauf hin, dass die Kurstadt durch das Verkehrsaufkommen dieser zweigleisigen Strecke an Ruhe und Schönheit verlieren würde und es unbegreiflich wäre, dass diese Idee von bayerischer Seite aus gefördert würde.

Die Referentin wies abschließend darauf hin, dass es für das Projekt „Saalachtalbahn“ keine Trassenplanungen gegeben habe und keinerlei Bauten umgesetzt wurden. Über die Bahn sei viel geredet und geschrieben, aber kein einziger Meter konkret geplant worden. Sie war eine Vision, die durch  die intensive und teilweise manipulative Kampagne der Interessenten zu einem Mythos wurde.

Quelle: Isabella Frank, Vortrag über die Saalachtalbahn im ReichenhallMuseum,17.04.2024

Bearbeitung: Andreas Hirsch