Wappen Bad Reichenhall

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Das Stadtwappen von Bad Reichenhall wird wie folgt beschrieben: Gespalten, vorne die bayerischen Rauten, hinten in Gold ein steigender, rot bewehrter schwarzer Panther. Dieses Wappen lässt sich seit 1323 nachweisen, wurde aber im Laufe der Jahrhunderte verfälscht. Im Jahr 1929 änderte man das Wappen und brachte es damit wieder in die ursprüngliche Form.

Geschichte

Siegel der Bürger von Hall, 1279
Siegel der Stadt Reichenhall ab 1323
Wappen von Reichenhall, Bayern-Karte von Aventinus 1523

Ursprüngliches Reichenhaller Siegel

Das älteste erhaltene Reichenhaller Siegel aus dem Jahr 1279 trägt die Umschrift „SIGILLUM CIVIUM DE HALLE – Siegel der Bürger von Hall“ und zeigt als Symbol ein Gotteslamm mit Strahlenkranz um den Kopf und Fahne. Das Lamm stammt aus der christlichen Ikonographie und ist als solches zunächst ein Opferlamm und damit ein Symbol für Christus und seinen Tod. Mit der Siegesfahne versehen, symbolisiert es Jesus als Überwinder des Todes und seine Auferstehung, wie auch der auferstandene Christus mit einer Fahne dargestellt wird. Warum das auch „Agnus Dei“ genannte Lamm Gottes zum Kennzeichen für die Gemeinschaft der Bürger von Reichenhall geworden ist, lässt sich vermuten: Innerhalb der Stadt gab es bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts nur eine Kirche, die dem heiligen Johannes dem Täufer geweihte, spätere Spitalkirche, welche bereits in der „Notitia Arnonis“ von 790 genannt wird. Johannes taufte Jesus mit dem Wasser des Flusses Jordan (Markus 1,9-11). Die Vorstellung der Gläubigen sah ihn deshalb in enger Verbindung mit Wasser, besonders aber mit Quellen. In Reichenhall, der Stadt der Solequellen, lag es daher nahe, als passenden Kirchen- und Stadtpatron Johannes den Täufer zu wählen. Johannes selbst sah sich als Vorläufer und Wegbereiter Christi, seinen Anhängern predigte er: „Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich.“ (Markus 1,7) und „Seht das Lamm Gottes“ (Johannes 1,35). Er hat damit auf Jesus, den ihm nachfolgenden Messias, hingewiesen. Deshalb ist Johannes in der christlichen Kunst meist mit einem Gotteslamm als Symbol für Christus, auf den er hingewiesen hat, dargestellt worden. Das Attribut des ursprünglichen Stadtpatrons zierte auch das Siegel der Bürger von Reichenhall.

Herzogliches Wappen verliehen

Nach dem Tode Herzogs Otto III. teilten seine Söhne das Herzogtum Bayern im Jahre 1255 unter sich auf: Ludwig II. erhielt den westlichen Teil des Herzogtums, fortan „Oberbayern“ genannt und die Rheinpfalz; Heinrich XIII. den östlichen Teil, nun als „Niederbayern“ bezeichnet. Das niederbayerische Teilherzogtum reichte von Furth im Wald im Norden bis Reichenhall im Süden und von der Holledau bis ins Innviertel. Heinrich XIII. (1235-1290) ging aus dem langwierigen Kampf zwischen dem bayerischen Herzogshaus und den Salzburger Erzbischöfen um die Stadt Reichenhall schließlich als Sieger hervor. Während sich Salzburg in der Folge bis 1328 vollends von Bayern lösen konnte, blieb die Salinenstadt Reichenhall bei Niederbayern, das von Landshut aus regiert wurde. Der Einfluss der herzoglichen Beamten nahm mit der Zeit immer weiter zu, denn immerhin war Reichenhall die wirtschaftlich bedeutendste Stadt des Teilherzogtums. In gleichem Maße aber verringerte sich die Macht der Bürger. Dies sollte nach dem Willen der niederbayerischen Herzöge auch am offiziellen Hoheitszeichen Reichenhalls zu erkennen sein. Mit der Verleihung ihres eigenen Wappens unterstrichen sie ihren Anspruch auf die Herrschaft über die Salinenstadt. Das 1301 urkundlich fassbare neue Siegel von Reichenhall enthält erstmals dieses Stadtwappen.

Es zeigt in einem waagrecht geteilten Wappenschild im oberen Feld einen schreitenden Panther und im unteren die bayerischen Rauten. Aus der Umschrift lässt sich der Bedeutungsverlust der Bürgerschaft ablesen: „SIGILLUM CIVITATIS IN HALLE – Siegel der Stadt Hall“, die Bürger wurden nicht mehr – wie noch in der Siegelumschrift von 1279 - ausdrücklich erwähnt. Seit 1323 erscheinen auf dem Stadtsiegel die gleichen Inhalte in einem senkrecht gespaltenen Schild, der somit dem Wappen der niederbayerischen Herzöge entspricht. Auch das Reichenhaller Wappen dürfte anfänglich einen roten Panther auf Silber enthalten haben, denn jüngeren Forschungen zufolge stellt dies die originale Farbgebung dar.

Herkunft der Rauten

Die Rauten, auch „Wecken“ genannt, entstammen ursprünglich dem Wappen der Grafen von Bogen (bei Straubing) und sind als solche seit 1204 nachgewiesen. Die Bogener gehörten zu den bedeutendsten Adelsgeschlechtern Bayerns und verfügten über ausgedehnten Besitz im Donaugau (u.a. Gäuboden) sowie im Nordwald (heute Bayerischer- und Böhmerwald). Als das Geschlecht 1242 im Mannesstamm erloschen war, erbten die Wittelsbacher deren Besitzungen. Dabei war es üblich, auch das Wappen mit zu übernehmen, um so die Rechte und den damit einher gehenden Besitzanspruch zu dokumentieren. Die Wittelsbacher, welche zuvor wohl einen Adler oder einen gezackten Balken im Wappen geführt hatten, haben spätestens 1247 die Bogener Rauten als ihr Signum angenommen. Die Rauten gelten seither als das heraldische Sinnbild (Alt-) Bayerns. Zur Entstehung des Rautenmusters gibt es eine nicht bestätigte Vermutung: Ein Metallgitter wurde zur Verstärkung auf dem hölzernen Schild angebracht, woraus sich im Laufe der Zeit das Rautenmuster entwickelt haben könnte. Nach den heraldischen Richtlinien sollen im Idealfall 21 oder geringfügig mehr (ganze und angeschnittene weiße und blaue) Rauten dargestellt werden. Die Raute in der linken oberen Ecke (heraldisch: rechten oberen Ecke) soll silbern (weiß) sein, was der bayerischen Farbfolge Silber (Weiß) und Blau entspricht.

Herkunft des Panthers

Der niederbayerische Panther stammt aus dem Wappen der Grafen von Ortenburg und Kraiburg, die im niederbayerischen Raum, vor allem im Vils- und Rottal, sowie bei Kraiburg am Inn und im Chiemgau große Besitzungen hatten. Ihnen gehörte die Herrschaft Marquartstein im Tal der Tiroler Ache und als Vögte des Klosters Baumburg gründeten sie Anfang des 13. Jahrhunderts den Markt Trostberg. Die Familie war eine Seitenlinie des bedeutenden Geschlechts der Spanheimer, welches aus Sponheim bei Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) stammte und unter anderem die Herzöge von Kärnten stellte. Schon seit 1163 ist ihr Panther auf Siegeln nachweisbar. Als die Ortenburg-Kraiburger 1248 ausstarben, gelangten ihre Besitzungen an die Wittelsbacher, die den ortenburgischen Panther als äußeres Kennzeichen mit übernahmen. Seit 1259 war er das Nebenwappen des niederbayerischen Herzogs Heinrich XIII., welches auch dessen Nachkommen führten.

Symbolik des Panthers

Bei der Figur des Panthers in der Heraldik handelt es sich nicht um den natürlichen Panther (Panthera pardus). Vielmehr ist er hier ein Fabelwesen, das nach der europäischen heraldischen Tradition ursprünglich das „starke, unbesiegbare Christentum“ symbolisieren soll und aus dem Physiologus stammt. Der Physiologus ist eine frühchristliche Naturlehre in griechischer Sprache. Erste Überlieferungen entstanden im 2. bis 4. Jahrhundert. Darin werden Tiere, Pflanzen und Steine beschrieben und allegorisch im Sinnes des christlichen Heilsgeschehens gedeutet. Das Werk fand weite Verbreitung im christlichen Orient und dem mittelalterlichen Europa und wurde in viele Sprachen übersetzt.

Der Panther oder das „Panthier“ wird in den mittelalterlichen deutschen Fassungen des Physiologus beschrieben: Nachdem der Panther seinen Hunger gestillt hat, zieht er sich für drei Tage in eine Höhle zurück, um zu schlafen. Am dritten Tag steht er auf und stößt lautstarke Rufe aus. Dabei verströmt er einen besonders angenehmen Duft, der die anderen Tiere anzieht. Diese folgen daraufhin dem Panther. Nur der Drache (Schlange) verabscheut das Rufen und den Duft des Panthers und verkriecht sich aus Furcht. Der Panther wird als Christus gedeutet, der am dritten Tag von den Toten auferstanden ist. Die ihm folgenden Tiere sind die gläubigen Christen und der Drache stellt den Teufel dar, welcher Christus unterlegen ist.

Verfälschungen und Berichtigung

Symbolik des Panthers

Ab etwa 1600 tauchte in manchen Abbildungen des Reichenhaller Stadtwappens statt dem Panther ein Löwe auf, und seit dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts setzte sich mit dem Greif erneut ein Fabeltier im Wappen durch. Im Jahre 1875 wurden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Wappens laut, die zu Nachforschungen durch das „Reichsheroldenamt“ führten. Dabei stellte sich heraus, dass der Schild mit den Rauten und dem Panther das historisch richtige Wappen der Stadt sei. Im Jahre 1929 entschloss sich der Stadtrat im Zuge der Erlangung der Kreisunabhängigkeit zu einer Änderung des Stadtwappens, durch die das historische Sinnbild, der Panther, wieder eingeführt wurde.

Literatur

Andreas Hirsch: Vom Gotteslamm zum niederbayerischen Panther, Zur Geschichte des Wappens der Stadt Bad Reichenhall, Heimatblätter 7/2013 [1]


Bearbeitung: Andreas Hirsch