Historische Verkehrswege in den Pinzgau und Chiemgau

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Alte Antonibergstraße und Antonibergtunnel
Straße über der Weißbachschlucht, früher "Neuweg" genannt
Der Gedenkstein erinnert an den Ausbau des "Neuweges" 1803

Bereits in der mittleren Bronzezeit trafen überregionale Wege im Karlsteiner Hochtal aufeinander, auf denen unter anderem Kupfer aus Mitterberg im Pongau und aus dem Inntal importiert wurden. Diese Wege verliefen nicht in den versumpften und von Überschwemmungen und Muren bedrohten Tälern, sondern an Bergflanken entlang und über Höhenrücken. Ein Beispiel dafür ist der Weg über den Listsee, bzw. Langacker und den Jochberg in den Chiemgau. Ein römisches Gebäude, das zwischen dem Madlbauer und dem Seewirt am Thumsee stand, wird von Archäologen als eine Art Wegstation gedeutet. Falls dies zutrifft, wird wohl schon damals ein Weg vom Langacker und der Garnei kommend über den Antoniberg in den Pinzgau geführt haben. Das aufwendige Straßensystem war eine der Grundlagen des Erfolges der römischen Herrschaft, weil damit das Militär in kurzer Zeit über weite Strecken verlegt werden konnte.

Über Jahrhunderte hinweg erfolgte die Salzausfuhr von Reichenhall in Richtung Süden allein durch Säumer, da die Wege im Gebirge kaum von Wagen befahren werden konnten, während die Staufenbrücke in Richtung Norden und Westen nur Fuhrwerke passierten.


Karlstein–Kaitl

Zur Burg Karlstein gehörte - wohl bis zum Aussterben der Grafen von Peilstein 1218 - eine Mautstelle im Tal, deren Einnahmen zum Erhalt der Straße verwendet werden sollten. Die Tatsache, dass im kleinen Dorf Karlstein gleich zwei Wirte in unmittelbarer Nähe existieren konnten, lässt auf regen Fernverkehr bereits in früheren Jahrhunderten schließen. Den Tiroler Aufständischen diente der Moserwirt bei der Belagerung der Stadt Reichenhall im Jahre 1809 als Hauptquartier. Das Wirtshaus Kaitl war eine wichtige Raststation auf dem Weg ins Gebirge, wo die Postkutschen ihre Pferde wechselten. Das Haus war bekannt für sein gutes Bier, das es frisch aus den nahe gelegenen Lagerkellern der Reichenhaller Brauer bezog. Selbst der Familie Mozart, die auf ihren Reisen öfter beim Kaitl einkehrte, scheint das Bier gemundet zu haben, während sie dem Wirtshaus ansonsten ein weniger schmeichelhaftes Zeugnis austellte: „Um 1 Uhr sind wir im Kalterl angelanget, und haben unter einem ganz grausamen gestank ein eingemachtes Kalbfleisch zum Mittagsmahl genohmen; dazu tranken wir ein paar trunck gutes Bier, dann der wein war ein Laxiertrankl.“ (Leopold Mozart, Brief an seine Frau 14.12.1769)


Alte Antonibergstraße

Die etwas unterhalb gelegene heutige Straße sowie der Tunnel wurden 1973 erbaut. Im Zuge dieser Baumaßnahme riss man die historischen Brunnnhäuser Ober- und Unternesselgraben (ehemalige Pumpstationen der Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein) ab. An der Stelle von Obernesselgraben befindet sich heute die östliche Tunnelöffnung.

In früheren Jahrhunderten führten sogar zwei Routen vom Thumsee den Antoniberg hinauf: Die alte Antonibergstraße, vermutlich im 17. Jahrhundert entstanden und früher „Weg Neßlgraben“ genannt, sowie der so genannte „Schräuweg“ an der Südseite des Tals, welcher seit dem Hochmittelalter im Range einer Reichsstraße stand. Dieser Weg ist zweifellos der ältere und sein Name nimmt Bezug auf das ihn querende „Gschreibachl“, das am Gebersberg entspringt. Beide Wege sind gekennzeichnet durch die für alte Straßen typische gleichmäßige Steigung. An der höchsten Stelle steht die 1804 erbaute Antoniuskapelle, die der Steigstrecke den Namen gegeben hat. Hinter dem Antoniberg, im Hochtal zwischen dem Albauer Kopf und den Reibwänden vereinigten sich beide Straßen bis zur Wegscheid (Abzweigung) wo sich die „Reichsstraße nach Innsbruck“ nach Süden wandte und am Weinkaser vorbei und über die Säumerbrücke in Richtung Schneizlreuth und Steinpass verlief. Der Weinkaser hat seinen Namen vielleicht durch den dort gelagerten Wein aus dem Süden erhalten, den die Säumer neben Gewürzen und Textilien importierten.


„Neuer Weg“

Der sogenannte „Neue Weg“ zweigte an der Wegscheid von der Reichsstraße ab und führte über das Mauthäusl und Weißbach nach Inzell (heute B 305). Dieser früher sehr schmale Weg war bis 1810 die einzige Verbindung des Reichenhaller Tals mit dem bayerischen Territorium, da die Straße von Reichenhall über Piding nach Traunstein durch salzburgisches Gebiet führte. Daher war der „Neue Weg“ während des „Salzkrieges“ von 1611 zwischen Bayern und Salzburg von Bedeutung. Der Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau hatte die Straße nach Traunstein ab der Staufenbrücke (Landesgrenze) sperren lassen. Herzog Maximilian von Bayern ließ daraufhin den bereits 1590 ausgebauten Weg über die Weißbachschlucht nach Traunstein erweitern, der sodann auch von Fuhrwerken befahren werden konnte. Der Unterhalt der Straße war sehr kostspielig, weshalb ein unmittelbar am Weg gelegenes Gehöft seit etwa 1590 von den Fuhrwerken eine Mautgebühr kassierte. Dieses „Mauthäusl“ diente auch als Unterkunft und Wirtshaus für Reisende.

Unter der Regentschaft der Kurfürsten Karl Theodor und Max Joseph wurde die Straße im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert durch Sprengungen verbreitert, wovon noch heute ein Wappenstein kündet. Trotz mehrerer Sicherheitsvorkehrungen war der Neuweg sowohl Steinschlägen als auch Lawinen ausgesetzt, denen oftmals Reisende zum Opfer fielen. Die heute genutzte und in den 1930er Jahren errichtete Deutsche Alpenstraße orientiert sich am Verlauf des Neuwegs.


Siehe auch: Steinpass - Paß Steinbach und Bayerische Soleleitungen


Quellen:

Johannes Lang: Geschichte von Bad Reichenhall, 2009

Tafel "Neuweg" am SalzAlpenSteig, Schneizlreuth

Verein für Heimatkunde Bad Reichenhall: Der Pulverturm 2010, S. 13 – 15

Bearbeitung: Andreas Hirsch