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== Salztransport per Schiff == | == Salztransport per Schiff == | ||
Für den Fernhandel vorgesehenes Salz aus der [[Salzherstellung in Bad Reichenhall (Geschichte)|Reichenhaller Saline]] wurde bis zum Ende des 12. Jahrhunderts zum überwiegenden Teil über die Flüsse Saalach, Salzach und Inn bis nach Passau verfrachtet. Dafür dürften die Schiffe etwa fünf Tage gebraucht haben. Dabei lud man das Salz vermutlich bei Salzburghofen an der Salzach auf größere Schiffe um, während man es bei zu niedrigem Wasserstand der Saalach auf dem Landweg dorthin brachte. | Für den Fernhandel vorgesehenes Salz aus der [[Salzherstellung in Bad Reichenhall (Geschichte)|Reichenhaller Saline]] wurde bis zum Ende des 12. Jahrhunderts zum überwiegenden Teil über die Flüsse [[Saalach (Fluss)|Saalach]], Salzach und Inn bis nach Passau verfrachtet. Dafür dürften die Schiffe etwa fünf Tage gebraucht haben. Dabei lud man das Salz vermutlich bei Salzburghofen an der Salzach auf größere Schiffe um, während man es bei zu niedrigem Wasserstand der [[Saalach (Fluss)|Saalach]] auf dem Landweg dorthin brachte. | ||
Von Passau aus transportierte man das Salz entweder flussaufwärts nach Regensburg und weiter in Richtung Norden oder Donau abwärts bis nach Ungarn. Einen Teil des Salzes brachten Säumer von Passau über den Goldenen Steig [https://heimatkundeverein-reichenhall.de/ | Von Passau aus transportierte man das Salz entweder flussaufwärts nach Regensburg und weiter in Richtung Norden oder Donau abwärts bis nach Ungarn. Einen Teil des Salzes brachten Säumer von Passau über den Goldenen Steig [https://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/wp-content/uploads/2025/03/heimatblaetter_2010_2_c.pdf] nach Böhmen. Für die Rückfahrt aus Passau wurden die Schiffe bis ins 15. Jahrhundert von Menschen flussaufwärts gezogen. Danach setzte man meist Pferde zum "Treiben" oder "Treideln" ein. Die rückkehrenden Schiffe legten in Reichenhall an einer um 1190 urkundlich erwähnten Schiffslände an, in deren Nähe sich auch die Verladestätten für das Salz befanden. | ||
Die Rückfracht bestand zum größten Teil aus [[Getreide]], das im Reichenhaller Raum kaum angebaut werden konnte. Auf Anweisung des Herzogs lagerte man ab 1479 einen Getreidevorrat im „Salinenkasten“ (heutiges „ReichenhallMuseum“ an der Getreidegasse) hinter dem Salzmeierhaus. In Notzeiten wurde das Getreide an die Bürger, vor allem aber an die Bäcker verkauft. Das Brauen von Weißbier aus teurem Weizen war laut dem 1493 erlassenen [[Reichenhaller Reinheitsgebot]] erlaubt, was darauf hindeutet, dass die Stadt üblicherweise über genügend Vorräte von diesem Getreide verfügte. | Die Rückfracht bestand zum größten Teil aus [[Getreide]], das im Reichenhaller Raum kaum angebaut werden konnte. Auf Anweisung des Herzogs lagerte man ab 1479 einen Getreidevorrat im „Salinenkasten“ (heutiges „ReichenhallMuseum“ an der Getreidegasse) hinter dem Salzmeierhaus. In Notzeiten wurde das Getreide an die Bürger, vor allem aber an die Bäcker verkauft. Das Brauen von Weißbier aus teurem Weizen war laut dem 1493 erlassenen [[Reichenhaller Reinheitsgebot]] erlaubt, was darauf hindeutet, dass die Stadt üblicherweise über genügend Vorräte von diesem Getreide verfügte. | ||
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== Verlagerung auf den Landweg == | == Verlagerung auf den Landweg == | ||
Das um 1190 angeschlagene erzbischöfliche Salzbergwerk auf dem Dürrnberg und die dazugehörige Saline in [[Hallein]] südlich von Salzburg überholten sehr schnell die Reichenhaller Produktion. Die grundlegende Zerstörung Reichenhalls und seiner Saline durch den Salzburger Erzbischof Adalbert | Das um 1190 angeschlagene erzbischöfliche Salzbergwerk auf dem Dürrnberg und die dazugehörige Saline in [[Hallein]] südlich von Salzburg überholten sehr schnell die Reichenhaller Produktion. Die grundlegende Zerstörung Reichenhalls und seiner Saline durch den Salzburger Erzbischof Adalbert III. im Jahre 1196 machte eine Reichenhaller Produktion zusätzlich für Jahrzehnte unmöglich.. Das Reichenhaller Monopol war gebrochen und Hallein übernahm in kürzester Zeit die Marktführerschaft im süddeutschen Salzhandel. Die Reichenhaller Saline verlor damit ihre Hauptabsatzgebiete im Donauraum und in Böhmen an Hallein. Dem Salz aus Reichenhall blieben nur noch der größte Teil des Herzogtums Bayern und Gebiete in Schwaben. Die Salzschifffahrt war seither dem Halleiner Salz (und Berchtesgadener Salz [https://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/wp-content/uploads/2025/03/heimatblaetter_2017_3_c.pdf]) vorbehalten, da die Salzburger Erzbischöfe ab 1229 mit der ehemaligen Grafschaft Lebenau auch das Gebiet entlang der Salzach in ihren Besitz bringen konnten. Die Ausfuhr des Reichenhaller Salzes verlagerte sich in der Folge fast ausschließlich auf den Landweg. Den Transport im großen Stil auf Wagen besorgten die „Sender“ (Salzhändler), die zwar von den Siedeherren ausgewählt wurden, aber als selbständige Unternehmer auf eigenes Risiko arbeiteten. Neben den Pfannenbesitzern hatten sie üblicherweise den größten Anteil am Salzgeschäft. | ||
'''Salzstraße Reichenhall - Teisendorf - Traunstein''' | '''Salzstraße Reichenhall - Teisendorf - Traunstein''' | ||
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Landshut | Landshut | ||
Ludwig der Kelheimer ließ 1203 die dem Regensburger Bischof gehörende „Straßburg“, die einen Isarübergang bewachte, zerstören. Wenige Kilometer | Ludwig der Kelheimer ließ 1203 die dem Regensburger Bischof gehörende „Straßburg“, die einen Isarübergang bewachte, zerstören. Wenige Kilometer flussaufwärts errichtete er eine neue Brücke und eine Stadt bei seiner Burg „Landeshuata“. | ||
Neuötting | Neuötting | ||
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Deshalb erhielt der bayerische Herzog 1594 vom Salzburger Erzbischof das Monopol für den Handel mit dem Halleiner Salz, das auf dem Wasserweg exportiert wurde, was etwa zwei Dritteln der Produktion entsprach. Bayern verpflichtete sich, 20.000 Tonnen im Jahr zu einem festgesetzten Preis abzunehmen. Dazu installierte der Herzog als seinen Vertreter in Laufen einen bayerischen Salzfertiger, der anstelle der bisherigen privaten Fertiger (Salzschifffahrts-Unternehmer) die Schifffahrt von Laufen nach Burghausen und St. Nikola bei Passau organisierte und kontrollierte. | Deshalb erhielt der bayerische Herzog 1594 vom Salzburger Erzbischof das Monopol für den Handel mit dem Halleiner Salz, das auf dem Wasserweg exportiert wurde, was etwa zwei Dritteln der Produktion entsprach. Bayern verpflichtete sich, 20.000 Tonnen im Jahr zu einem festgesetzten Preis abzunehmen. Dazu installierte der Herzog als seinen Vertreter in Laufen einen bayerischen Salzfertiger, der anstelle der bisherigen privaten Fertiger (Salzschifffahrts-Unternehmer) die Schifffahrt von Laufen nach Burghausen und St. Nikola bei Passau organisierte und kontrollierte. | ||
Bayern kassierte beim Handel mit dem Halleiner Salz Mauten und Zölle in doppelter Höhe und bestimmte unter anderem so die Preisgestaltung dieses Produkts mit, was zu Streitigkeiten mit dem Salzburger Erzbischof führte. Außerdem versuchten sowohl Bayern als auch Salzburg ihren Einfluss auf die Fürstpropstei Berchtesgaden und das Berchtesgadener Salzwesen [https://heimatkundeverein-reichenhall.de/ | Bayern kassierte beim Handel mit dem Halleiner Salz Mauten und Zölle in doppelter Höhe und bestimmte unter anderem so die Preisgestaltung dieses Produkts mit, was zu Streitigkeiten mit dem Salzburger Erzbischof führte. Außerdem versuchten sowohl Bayern als auch Salzburg ihren Einfluss auf die Fürstpropstei Berchtesgaden und das Berchtesgadener Salzwesen [https://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/wp-content/uploads/2025/03/heimatblaetter_2017_3_c.pdf] auszubauen. Zwischen Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau und Herzog Maximilian I. von Bayern entbrannte 1611 schließlich der so genannte „Salzkrieg“ um die Dominanz im Salzhandel. Dieser Konflikt wurde mit gegenseitigen Wirtschaftsboykotten, Lebensmittel-Embargos und militärischen Operationen ausgetragen. Bayern konnte letztendlich den Salzhandel zu seinen Gunsten steuern, nachdem Maximilian als Sieger aus dem Salzkrieg hervorgegangen war. Das Herzogtum baute seinen Einfluss auf Berchtesgaden weiter aus und verlangte für das Halleiner Salz weiterhin die doppelte Maut, weshalb das Reichenhaller Salz leichter abgesetzt werden konnte. Außerdem ließ der Herzog nur jene Exportmenge aus Hallein zu, die über die in Reichenhall und Berchtesgaden produzierte Menge hinaus absetzbar war. | ||
Ein bayerischer „Oberanschaffer“ samt vier „Nebenanschaffern“ war ab 1614 an der Halleiner Saline eingesetzt und kontrollierte die Produktion. Zusätzlich überwachte der bayerische „Salzgegenschreiber“ die Verpackung und die Ausfuhr. Auf diese Weise beherrschten die bayerischen Kurfürsten für etwa zwei Jahrhunderte den Handel mit Halleiner und Berchtesgadener Salz bis zum Ende der geistlichen Fürstentümer zu Beginn des 19. Jahrhunderts. | Ein bayerischer „Oberanschaffer“ samt vier „Nebenanschaffern“ war ab 1614 an der Halleiner Saline eingesetzt und kontrollierte die Produktion. Zusätzlich überwachte der bayerische „Salzgegenschreiber“ die Verpackung und die Ausfuhr. Auf diese Weise beherrschten die bayerischen Kurfürsten für etwa zwei Jahrhunderte den Handel mit Halleiner und Berchtesgadener Salz bis zum Ende der geistlichen Fürstentümer zu Beginn des 19. Jahrhunderts. | ||
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An der Wegscheid zweigte der so genannte „Neue Weg“ von der Reichsstraße ab und führte über das Mauthäusl und Weißbach nach Inzell (heute B 305). Dieser früher sehr schmale Weg war bis 1810 die einzige Verbindung des Reichenhaller Tals mit dem bayerischen Territorium, da die Straße von Reichenhall über Piding nach Traunstein durch salzburgisches Gebiet führte. Daher war der „Neue Weg“ während des „Salzkrieges“ von 1611 zwischen Bayern und Salzburg von Bedeutung. Der Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau hatte die Straße nach Traunstein ab der Staufenbrücke (Landesgrenze) sperren lassen. Herzog Maximilian von Bayern ließ daraufhin den bereits 1590 ausgebauten Weg über die Weißbachschlucht nach Traunstein erweitern, der sodann auch von Fuhrwerken befahren werden konnte. Der Unterhalt der Straße war sehr kostspielig, weshalb ein unmittelbar am Weg gelegenes Gehöft seit etwa 1590 von den Fuhrwerken eine Mautgebühr kassierte. Dieses „Mauthäusl“ diente auch als Unterkunft und Wirtshaus für Reisende. | An der Wegscheid zweigte der so genannte „Neue Weg“ von der Reichsstraße ab und führte über das Mauthäusl und Weißbach nach Inzell (heute B 305). Dieser früher sehr schmale Weg war bis 1810 die einzige Verbindung des Reichenhaller Tals mit dem bayerischen Territorium, da die Straße von Reichenhall über Piding nach Traunstein durch salzburgisches Gebiet führte. Daher war der „Neue Weg“ während des „Salzkrieges“ von 1611 zwischen Bayern und Salzburg von Bedeutung. Der Salzburger Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau hatte die Straße nach Traunstein ab der Staufenbrücke (Landesgrenze) sperren lassen. Herzog Maximilian von Bayern ließ daraufhin den bereits 1590 ausgebauten Weg über die Weißbachschlucht nach Traunstein erweitern, der sodann auch von Fuhrwerken befahren werden konnte. Der Unterhalt der Straße war sehr kostspielig, weshalb ein unmittelbar am Weg gelegenes Gehöft seit etwa 1590 von den Fuhrwerken eine Mautgebühr kassierte. Dieses „Mauthäusl“ diente auch als Unterkunft und Wirtshaus für Reisende. | ||
Unter der Regentschaft der Kurfürsten Karl Theodor und Max Joseph wurde die Straße im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert durch Sprengungen verbreitert, wovon noch heute ein Wappenstein kündet. Trotz mehrerer Sicherheitsvorkehrungen war der Neuweg sowohl Steinschlägen als auch Lawinen ausgesetzt, denen oftmals Reisende zum Opfer fielen. Die in den 1930er Jahren errichtete Deutsche Alpenstraße orientiert sich am Verlauf des Neuwegs. Mit dem Anschluss Reichenhalls an die Eisenbahn in den 1860er Jahren waren die meisten Fuhrwerke überflüssig geworden, während das Gewerbe der Säumer wegen des Ausbaus der Straßen schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts fast überall unrentabel wurde. | Unter der Regentschaft der Kurfürsten Karl Theodor und Max Joseph wurde die Straße im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert durch Sprengungen verbreitert, wovon noch heute ein Wappenstein kündet. Trotz mehrerer Sicherheitsvorkehrungen war der Neuweg sowohl Steinschlägen als auch Lawinen ausgesetzt, denen oftmals Reisende zum Opfer fielen. Die in den 1930er Jahren errichtete Deutsche Alpenstraße orientiert sich am Verlauf des Neuwegs. | ||
Mit dem Anschluss Reichenhalls an die Eisenbahn in den 1860er Jahren waren die meisten Fuhrwerke überflüssig geworden, während das Gewerbe der Säumer wegen des Ausbaus der Straßen schon seit Anfang des 19. Jahrhunderts fast überall unrentabel wurde. | |||
Siehe auch: [[Staufenbrücke]], [[Mauthaus in Mauthausen (Piding)|Mauthaus in Mauthausen]], [[Historische Verkehrswege in den Pinzgau und Chiemgau]] und [[Salzfässer]] | Siehe auch: [[Staufenbrücke]], [[Mauthaus in Mauthausen (Piding)|Mauthaus in Mauthausen]], [[Historische Verkehrswege in den Pinzgau und Chiemgau]] und [[Salzfässer]] | ||
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Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.): Salz Macht Geschichte, Katalog u. Aufsatzband Bayerische Landesausstellung 1995[[Datei:Salzsäcke.jpg|mini|Salzsäcke (um 1950)|298x298px]]Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.): Stadt befreit, Katalog Bayerische Landesausstellung 2020 | Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.): Salz Macht Geschichte, Katalog u. Aufsatzband Bayerische Landesausstellung 1995[[Datei:Salzsäcke.jpg|mini|Salzsäcke (um 1950)|298x298px]]Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.): Stadt befreit, Katalog Bayerische Landesausstellung 2020 | ||
Andreas Hirsch: Reichenhaller Salz für Böhmen, Vor 1000 Jahren wurde der Goldene Steig zum ersten Mal erwähnt, Heimatblätter 2/2010 | Andreas Hirsch: Reichenhaller Salz für Böhmen, Vor 1000 Jahren wurde der Goldene Steig zum ersten Mal erwähnt, Heimatblätter 2/2010 [https://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/wp-content/uploads/2025/03/heimatblaetter_2010_2_c.pdf] | ||
Georg Hunklinger: Eine Straße macht Geschichte (St 2103 Reichenhall-Teisendorf), Heimatblätter 5/1978 u. 1/1979 | Georg Hunklinger: Eine Straße macht Geschichte (St 2103 Reichenhall-Teisendorf), Heimatblätter 5/1978 u. 1/1979 | ||
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Fritz Koller: Die Salzachschiffahrt bis zum 16. Jahrhundert, MGSLK 123, 1983, S. 1-112 | Fritz Koller: Die Salzachschiffahrt bis zum 16. Jahrhundert, MGSLK 123, 1983, S. 1-112 | ||
Johannes Lang: Drei Länder – Drei Strategien, Salinen-Konkurrenz in Bayern, Salzburg und Berchtesgaden, Heimatblätter 2/2016 | Johannes Lang: Drei Länder – Drei Strategien, Salinen-Konkurrenz in Bayern, Salzburg und Berchtesgaden, Heimatblätter 2/2016 [https://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/wp-content/uploads/2025/03/heimatblaetter_2016_2_c.pdf] | ||
Johannes Lang: Geschichte von Bad Reichenhall, 2009 | Johannes Lang: Geschichte von Bad Reichenhall, 2009 |