Marzoll (Bad Reichenhall): Unterschied zwischen den Versionen

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Marzoll ist ein Stadtteil von [[Bad Reichenhall]] und war bis 1978 eine eigenständige Gemeinde mit den Ortsteilen Marzoll, [[Türk (Bad Reichenhall)|Türk]], [[Schwarzbach (Bad Reichenhall)| Schwarzbach]] und [[Weißbach (Bad Reichenhall)| Weißbach]]. Bekannt sind das [[Schloss Marzoll]], die [[Pfarrkirche St. Valentin (Marzoll)|Pfarrkirche St.Valentin]] und der [[Grenzübergang Walserberg]].  
Marzoll ist ein Stadtteil von [[Bad Reichenhall]] und war bis 1978 eine eigenständige Gemeinde mit den Ortsteilen Marzoll, [[Türk (Bad Reichenhall)|Türk]], [[Schwarzbach (Bad Reichenhall)| Schwarzbach]] und [[Weißbach (Bad Reichenhall)| Weißbach]]. Bekannt sind das [[Schloss Marzoll]], die [[Pfarrkirche St. Valentin (Marzoll)|Pfarrkirche St.Valentin]] und der [[Grenzübergang Walserberg]].  


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[[Image: Degenhard I..JPG|thumbnail|Epitaph von Degenhard I. Fröschl (+1495) in der Vorhalle der Kirche St. Valentin]]
[[Image: Degenhard I..JPG|thumbnail|Epitaph von Degenhard I. Fröschl (+1495) in der Vorhalle der Kirche St. Valentin]]
[[Image: Marzoll um 1740.JPG|thumbnail|Marzoll um 1740 von Westen. Das Schloss besitzt noch den Wehrgang und die Welschen Hauben, der Kirchturm trägt noch einen gotischen Spitzhelm. In der Mitte ein barocker Park mit Pavillon. Gemälde eines unbekannten Malers (Stadtmuseum Bad Reichenhall)]]
[[Image: Marzoll um 1740.JPG|thumbnail|Marzoll um 1740 von Westen. Das Schloss besitzt noch den Wehrgang und die Welschen Hauben, der Kirchturm trägt noch einen gotischen Spitzhelm. In der Mitte ein barocker Park mit Pavillon. Gemälde eines unbekannten Malers (Stadtmuseum Bad Reichenhall)]]
Der Marzoller Schlossberg ist ein Vorsprung einer Geländeterrasse, der über Jahrtausende hinweg immer wieder als bevorzugter Siedlungsplatz genutzt wurde.
'''Mittlere Bronzezeit'''
'''Mittlere Bronzezeit'''


Ein Bronzebeil aus dieser Zeit  wurde in Weißbach gefunden, wo eine kleine Siedlung vermutet wird. Auf dem Marzoller Schlossberg gab es eine Siedlung auf dem Gelände des heutigen Parkplatzes am Hotel Schlossberghof. Ein dazu gehöriger Friedhof  befand sich oberhalb des Sportplatzes im Bereich des Gewerbegebietes der Gemeinde Großgmain. Dort wurde 2009 das Hockergrab einer Frau entdeckt.  
Auf dem Schlossberg gab es eine Siedlung auf dem Gelände des heutigen Parkplatzes am Hotel Schlossberghof. Ein dazu gehöriger Friedhof  befand sich oberhalb des Sportplatzes im Bereich des Gewerbegebietes der Gemeinde Großgmain. Dort wurde 2009 das Hockergrab einer Frau entdeckt. Ein Bronzebeil aus dieser Zeit  wurde in Weißbach gefunden, wo eine kleine Siedlung vermutet wird.


'''Späte Bronzezeit'''
'''Späte Bronzezeit'''
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'''Schloss und Hofmark'''
'''Schloss und Hofmark'''
   
   
Um 1460 kaufte der Reichenhaller Patrizier Degenhard I. Fröschl den „Hof Marzoll“ (Wohnturm) und erhielt 1475 die [[Hofmark Marzoll und Schwarzbach|Hofmarksrechte]] (niedere Gerichtshoheit) über Marzoll, sowie 1499 über Schwarzbach. Die Dörfer Türk und Weißbach unterstanden nicht der Hofmark, sondern dem Landgericht Reichenhall. An der Stelle des Wohnturms ließ Degenhard II. Fröschl bis 1536 einen Familiensitz im Stil der Renaissance errichten. Die [[Schloss Marzoll|Schlossanlage]] in Form eines viereckigen Baukörpers mit vier von Kuppeln gekrönten Ecktürmen war eine der ersten ihrer Art in Bayern. Joseph Fröschl beteiligte sich an einer Verschwörung von Adeligen gegen den Herzog. Er wurde zu Gefängnishaft verurteilt und musste, hoch verschuldet, 1574 das Schloss verkaufen.
Um 1460 kaufte der Reichenhaller Patrizier Ludwig I. Fröschl den „Hof Marzoll“ (Wohnturm). Sein Sohn Degenhard I. erhielt 1475 die [[Hofmark Marzoll und Schwarzbach|Hofmarksrechte]] (niedere Gerichtshoheit) über Marzoll, sowie dessen Sohn Degenhard II. 1499 über Schwarzbach. Die Dörfer Türk und Weißbach unterstanden nicht der Hofmark, sondern dem Landgericht Reichenhall. An der Stelle des Wohnturms ließ Degenhard II. Fröschl bis 1536 einen Familiensitz im Stil der Renaissance errichten. Die [[Schloss Marzoll|Schlossanlage]] in Form eines viereckigen Baukörpers mit vier von Kuppeln gekrönten Ecktürmen war eine der ersten ihrer Art in Bayern. Joseph Fröschl beteiligte sich an einer Verschwörung von Adeligen gegen den Herzog. Er wurde zu Gefängnishaft verurteilt und musste, hoch verschuldet, 1574 das Schloss verkaufen.
Von 1605 bis 1798 waren das Schloss und die Hofmark Marzoll im Besitz der Familie Lasser von Lasseregg. Sie ließ das Anwesen erweitern (Torgebäude) und das Innere im Barockstil umgestalten. 1798 fielen die Hofmarksrechte an das Kurfürstentum Bayern und das Schloss kam in den Besitz der Familie Laßberg. Ab 1834 besaßen die Freiherrn von Aretin das Schloss. Die Freiherren von Malsen, ab 1837 Besitzer des Anwesens, ließen die Renaissance-Kuppeln der vier Türme abtragen und durch Zinnen im Stil der Neugotik ersetzen.  
Von 1605 bis 1798 waren das Schloss und die Hofmark Marzoll im Besitz der Familie Lasser von Lasseregg. Sie ließ das Anwesen erweitern (Torgebäude) und das Innere im Barockstil umgestalten. 1798 fielen die Hofmarksrechte an das Kurfürstentum Bayern und das Schloss kam in den Besitz der Familie Laßberg. Ab 1834 besaßen die Freiherrn von Aretin das Schloss. Die Freiherren von Malsen, ab 1837 Besitzer des Anwesens, ließen die Renaissance-Kuppeln der vier Türme abtragen und durch Zinnen im Stil der Neugotik ersetzen.  


'''Wallfahrt'''  
'''Wallfahrt'''  


Eine bedeutende Wallfahrt zum Heiligen Valentin in der Marzoller [[Pfarrkirche St. Valentin (Marzoll)|Kirche]] geht auf ein Wunder im Jahre 1496 zurück, bei dem ein Kind aus Thalgau von der Epilepsie geheilt worden sein soll. Die meisten Wallfahrer kamen aus salzburgischen Orten der näheren und weiteren Umgebung, aus Wals, Piding, Ainring und Bergheim, auch aus Salzburghofen, Saaldorf, Anthering und Thalgau. Die Wallfahrt, bei der vor allem lebende schwarze Hennen geopfert wurden, erreichte später im 17. und 18. Jahrhundert ihre höchste Blüte. Durch die beträchtlichen Wallfahrtseinnahmen konnte der Umbau der Kirche (1748-1750) im Barockstil von der Kirche selbst bezahlt werden. Die Wallfahrt kam nach der Aufklärung am Ende des 18. Jh. zum Erliegen. 1809 wurde Marzoll eine eigene Pfarrei, nachdem es seit dem 14. Jh. zur Pfarrei Gmain (Großgmain) gehört hatte.
Eine bedeutende Wallfahrt zum Heiligen Valentin in der Marzoller [[Pfarrkirche St. Valentin (Marzoll)|Kirche]] geht auf ein Wunder im Jahre 1496 zurück, bei dem ein Kind aus Thalgau von der Epilepsie geheilt worden sein soll. Die meisten Wallfahrer kamen aus salzburgischen Orten der näheren und weiteren Umgebung, aus Wals, Piding, Ainring und Bergheim, auch aus Salzburghofen, Saaldorf, Anthering und Thalgau. Die Wallfahrt, bei der vor allem lebende schwarze Hennen geopfert wurden, erreichte später im 17. und 18. Jahrhundert ihre höchste Blüte. Durch die beträchtlichen Wallfahrtseinnahmen konnte der Umbau der Kirche (1748-1750) im Barockstil von der Kirche selbst bezahlt werden. Die Wallfahrt kam nach der Aufklärung am Ende des 18. Jh. zum Erliegen. 1809 wurde Marzoll eine eigene Pfarrei, nachdem es seit dem 14. Jh. zur [[Pfarreien im 18. Jahrhundert (Karte)|Pfarrei Gmain]] (Großgmain) gehört hatte.


'''Gemeinde Marzoll'''
'''Gemeinde Marzoll'''


Im Jahr 1818 entstand aus den Dörfern Marzoll, Türk, Schwarzbach und Weißbach die Gemeinde Marzoll. Der Ort war von jeher durch die Landwirtschaft geprägt. Zeugen der über Jahrhunderte gewachsenen bäuerlichen Kultur sind neben der Kulturlandschaft vor allem erhaltene historische Bauernhöfe. Als bemerkenswerte Beispiele für den Typ des „Salzburger Flachgauhofs“ gelten die Anwesen „Hager“, „Landerl“, „Jagl“ und „Hoder“ in Türk. Marzoll wurde 1978 nach Bad Reichenhall eingemeindet. Das [[Wappen Marzoll|Wappen]] der ehemaligen Gemeinde Marzoll zeigt über dem Schloss die drei Kleeblätter aus dem Familienwappen der Familie Lasser von Lasseregg.
Im Jahr 1818 entstand aus den Dörfern Marzoll, Türk, Schwarzbach und Weißbach die Gemeinde Marzoll. Der Ort war von jeher durch die Landwirtschaft geprägt. Zeugen der über Jahrhunderte gewachsenen bäuerlichen Kultur sind neben der Kulturlandschaft vor allem erhaltene historische Bauernhöfe. Als bemerkenswerte Beispiele für den Typ des „Salzburger Flachgauhofs“ gelten die Anwesen „Hager“, „Landerl“, „Jagl“ und „Hoder“ in Türk. Marzoll wurde 1978 nach Bad Reichenhall eingemeindet. Das [[Wappen Marzoll|Wappen]] der ehemaligen Gemeinde Marzoll zeigt über dem Schloss die drei Kleeblätter aus dem Familienwappen der Familie Lasser von Lasseregg.
'''Siehe auch:''' [[Fröschl (Patrizierfamilie)]]


== Literatur ==
== Literatur ==
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== Link ==
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100 Jahre Marzoller Schulhaus: http://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/downloads/hb/hb_2014_zwei.pdf
100 Jahre Marzoller Schulhaus: Heimatblätter 2/2014 [https://heimatkundeverein-reichenhall.de/fileadmin/PDFs/heimatblaetter/heimatblaetter_2014_2_c.pdf]


'''Bearbeitung:''' Andreas Hirsch
'''Bearbeitung:''' Andreas Hirsch




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Datei: Marzoll S.JPG|Schloss Marzoll mit dem Schlossweiher von Norden <Gallery>
Datei: Marzoll S.JPG|Schloss Marzoll mit dem Schlossweiher von Norden
Datei: MZ1.JPG|Marzoll von Norden<Gallery>
Datei: MZ1.JPG|Marzoll von Norden
Datei: Pfarrhof.JPG|Der Pfarrhof (rechts) wurde 1843 als Schulhaus errichtet. Dahinter das Mesnerhaus (erb. um 1612)<Gallery>
Datei: Pfarrhof.JPG|Der Pfarrhof (rechts) wurde 1843 als Schulhaus errichtet. Dahinter das Mesnerhaus (erb. um 1612)
Datei: MZ2.JPG|Grabmale der Familie von Malsen (Schlossbesitzer) im Friedhof<Gallery>
Datei: MZ2.JPG|Grabmale der Familie von Malsen (Schlossbesitzer) im Friedhof
Datei: Kirche Marzoll.JPG|Pfarrkirche St. Valentin in Marzoll
Datei: Hagerhof.JPG|Der Hagerhof in Türk
Datei: Wirtshaus Schwarzbach 2.JPG|Das ehemalige Wirtshaus in Schwarzbach
Datei: Weißbach 2.JPG|Obermühle in Weißbach
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