Isengau

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Der Isengau zu Ende des 8. Jh. mit den Gütern der Salzburger Kirche
Das Herzogtum Bayern mit den Gaubezeichnungen der Agilolfingerzeit

Gau ist eine Gebietsbezeichnung aus dem frühen Mittelalter, die oft von Gewässern (Donaugau, Mattiggau, Traungau), Orten (Chiemgau, Salzburggau, Zeidlarngau) oder Landschaftsformen, z.B. Inter Valles ("zwischen den Tälern"), abgeleitet ist. Größe und mögliche politische Bedeutung der mittelalterlichen Gaue sind in der historischen Forschung bis heute nicht hinreichend geklärt. Nach dem Sturz des Herzogshauses der Agilolfinger 788, und der Eingliederung Bayerns in das Frankenreich teilte man das Land in Grafschaften ein, die von Grafen geleitet wurden. Damit hatten die Gaue ihre frühere wohl politische bzw. verwaltungstechnische Bedeutung verloren und ihre Namen wurden zu reinen Landschaftsbezeichnungen. Etliche dieser Namen, wie z.B. Inter Valles, Isengau, Mattiggau, Sundergau und Salzburggau verschwanden im Laufe der Jahrhunderte.

Der Isengau war nach dem Fluss Isen benannt, der bei Lacken (Gem. Maitenbeth, Lkr. Mühldorf/Inn) entspringt und bei Neuötting in den Inn mündet. Den Salzburger Güterverzeichnissen Notitia Arnonis und Breves Notitiae zufolge lag der Isengau im Bereich der Flüsse Isen und Inn. In der Notitia Arnonis ist die Schenkung des Dorfes Erharting an die Salzburger Kirche durch Herzog Theodbert (reg. 711 bis ca. 716) festgehalten. Sie enthält die erste urkundliche Erwähnung des Isengaus (im Original lateinisch mit deutschen Eigennamen): "Im Gau Isanagaoe (Isengau) am Fluss Isana (Isen) übergab der selbe Herzog (Theodbert) ein Dorf namens Ehardinga (Erharting) mit 15 Hufen...".


Salzburg und der Isengau

Der Streubesitz der Salzburger Kirche im Isengau erstreckte sich zu Ende des 8. Jahrhunderts von Gars/Inn und Loinbruck/Isen (Gem. Schwindegg, Lkr. Mühldorf/Inn) im Westen bis Untertürken (Gem. Julbach, Lkr. Rottal-Inn) im Osten. Im Norden lagen vereinzelte Güter bis an die Rott. Bis dorthin reichte auch die (Erz-)Diözese Salzburg. Die im frühen Mittelalter erworbenen Besitzungen gingen bis zum Zweiten Erhartinger Vertrag (1275) größtenteils wieder verloren. Der Erzbischof besaß im Spätmittelalter noch Güter in Altmühldorf, Ampfing Megling, Mittergars und Buchbach. Hauptorte des salzburgischen „auswärtigen Besitzes“ waren die Märkte Gars und Buchbach. In diesen beiden Hofmarken übte der Fürsterzbischof die niedere Gerichtsbarkeit aus.


Bedeutende Orte im Isengau

Mühldorf am Inn - Mühldorf gelangte nach 798 in Salzburger Besitz, da es in den Breves Notitiae nicht aufscheint. Durch das Niederlagsrecht für Reichenhaller Salz (1190) entwickelte sich Mühldorf rasch zur Stadt, die 1239 erstmals als solche erwähnt wurde. Im Jahr 1442 überließen die Wittelsbacher den Fürsterzbischöfen auf Dauer die hohe Gerichtsbarkeit in Mühldorf. Erst damit wurde die Stadt vollends ein Teil des Erzstifts Salzburg. Als Gegenleistung hatte Fürsterzbischof Friedrich IV. Truchseß von Emmerberg einen Gebietsstreifen an der Alz bei Trostberg an Bayern abgetreten. Die Handelsstadt Mühldorf, am Kreuzungspunkt des Inn mit der bedeutenden Straße von Salzburg nach Regensburg gelegen, war ein Zentrum des Getreidehandels für Salzburg und Tirol. Sie blieb bis 1802 eine Salzburger Exklave in bayerischem Territorium. Die „Schlacht bei Mühldorf“, auch „Schlacht bei Ampfing“ genannt, fand am 28. September 1322 statt und führte unter anderem schließlich zur vollständigen Ablösung Salzburgs von Bayern ab 1328.

Erharting - Durch den Ersten Vertrag von Erharting (1254) mit den bayerischen Herzögen Heinrich XIII. und Ludwig II. sicherte sich Erzbischof Philipp von Spanheim das Erbe der Grafen von Lebenau. Im Zweiten Erhartinger Vertrag (1275) ging es u. a. um die Rechte und Gebiete der erloschenen Grafen von Plain, die größtenteils an den Erzbischof fielen. Der Herzog von Bayern bestätigte damit weitgehend die Westgrenze des salzburgischen Territoriums, welche bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts im Wesentlichen unverändert blieb. Außerdem erhielt Salzburg Güter im Isengau, u. a. den Markt Buchbach, wieder zurück.

Gars am Inn - Das Benediktinerkloster Gars wurde 768 von Herzog Tassilo III. gründet. Erzbischof Konrad I. von Abenberg wandelte es 1122 in ein Augustiner-Chorherrenstift um. Die Erzdiözese Salzburg teilte er in Archidiakonate ein. Im Alpenvorland waren dies Salzburg, Baumburg, Herrenchiemsee und Gars. Den Pröpsten dieser Augustiner-Chorherrenstifte wurden bischöfliche Kompetenzen für eine größere Anzahl an Pfarren in ihrem Bereich übertragen. Der Propst von Gars war seit 1172 auch als Archidiakon (Vorsteher des Kirchensprengels) eingesetzt. In dieser Funktion hatte er als Vertreter des Erzbischofs in den Pfarren zwischen Gars und Stammham am Inn wichtige Aufgaben wahrzunehmen. Im Archidiakonat Gars befanden sich die Augustiner-Chorherrenstifte Gars/Inn, Au/Inn, das Benediktinerkloster St. Veit an der Rott (Neumarkt-St. Veit), das Kollegiatstift Altötting, 37 Pfarrkirchen und 23 Benefizien. Seit 1808 gehört ein Teil des Gebiets zum Erzbistum München und Freising, ein Teil zum Bistum Passau.

Altötting - Im 748 erstmals urkundlich erwähnten Altötting lag ein Herzogshof der Agilolfinger, der 788 an die Karolinger gelangte. Altötting lag bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts in der Erzdiözese Salzburg. Der Ort entwickelte sich nach ersten Wundern 1489 zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsorte im süddeutschen Raum. Einer Legende zufolge hatte der heilige Rupert das Gnadenbild - die „Schwarze Madonna“ – nach Altötting gebracht. Zur Ikonographie Ruperts gehört daher auch die Darstellung des Bischofs mit Salzfass und dem Altöttinger Gnadenbild (in Händen). Diese ist unter anderem über dem Eingang der Gnadenkapelle und am Hochaltar der Stiftspfarrkirche in Altötting zu sehen.

Neuötting – Im frühen 13. Jahrhundert von den Wittelsbachern als Gegenpol zum salzburgischen Mühldorf gegründet, wurde der Ort 1231 erstmals urkundlich erwähnt und ab 1296 als „Stadt“ genannt. Dort überquerte die Straße von Regensburg und Landshut nach Salzburg den Inn. Neuötting war im Spätmittelalter eine Art Drehscheibe und einer der wichtigsten Verteilerknoten des Salzhandels. Halleiner Salz wurde per Schiff auf der Salzach befördert und ab Burghausen auf der Landstraße nach Neuötting gebracht. Ein Teil des Halleiner Salzes kam auf der Salzach bis zu ihrer Mündung und den Inn flussaufwärts nach Neuötting, wo es auf Wagen umgeladen wurde. Reichenhaller Salz kam über die „Untere Salzstraße“ über Traunstein und Trostberg nach Neuötting. Von dort aus verteilte man das Salz in ganz Ober- und Niederbayern.


Quellen:

Heinz Dopsch, Hans Spatzenegger: Geschichte Salzburgs, Band I/1, Salzburg 1999, S. 169-172, 188, 346-347, 613; Band I/2, S. 952

Karl Hausberger, Benno Hubensteiner: Bayerische Kirchengeschichte, München 1987

Fritz Losek: Notitia Arnonis und Breves Notitiae, die Salzburger Güterverzeichnisse aus der Zeit um 800, MGSLK 130/1990

Stadt Mühldorf am Inn (Hg.): Mühldorf a. Inn – Salzburg in Bayern, Ausstellungskatalog, 2002

Helmut Stahleder: Mühldorf am Inn, Historischer Atlas von Bayern, Reihe I, Heft 36, München 1976, S. 16 ff [1]

Zweiter Vertrag von Erharting [2]