Salzherstellung in Bad Reichenhall (Geschichte): Unterschied zwischen den Versionen

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zu Tage. Zur Herstellung von Salz wird in der Saline Sole so lange erhitzt, bis das Wasser verdampft ist und nur noch das Salz übrig bleibt.  
zu Tage. Zur Herstellung von Salz wird in der Saline Sole so lange erhitzt, bis das Wasser verdampft ist und nur noch das Salz übrig bleibt.  


'''Anfänge'''
== Anfänge ==


Ob es in vorrömischer Zeit eine Salzproduktion gab, ist nicht geklärt. Ein Randleistenbeil aus der Zeit um 1.800 v. Chr., welches angeblich beim Bau der Alten Saline im Bereich der Solequellen gefunden wurde, könnte darauf hindeuten, dass die Quellen während der Bronzezeit bekannt gewesen sind. Eine regelrechte Salzproduktion für diese Zeit lässt sich jedoch bisher archäologisch nicht nachweisen und kann nur vermutet werden.  
Ob es in vorrömischer Zeit eine Salzproduktion gab, ist nicht geklärt. Ein Randleistenbeil aus der Zeit um 1.800 v. Chr., welches angeblich beim Bau der Alten Saline im Bereich der Solequellen gefunden wurde, könnte darauf hindeuten, dass die Quellen während der Bronzezeit bekannt gewesen sind. Eine regelrechte Salzproduktion für diese Zeit lässt sich jedoch bisher archäologisch nicht nachweisen und kann nur vermutet werden.  
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Zur Zeit der Römer (ab 15 v. Chr.) war die Reichenhaller Saline schon der bedeutendste Salzproduzent im Ostalpenraum, da die Salzbergwerke am Dürrnberg bei Hallein und in Hallstatt zu dieser Zeit ihren Betrieb weitgehend eingestellt hatten. Den Standort der Reichenhaller Saline nannte man „ad salinas“. Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches harrten weiterhin viele Einwohner im Reichenhaller Raum aus. Diese [[Salzburger Romania|Romanen]] betrieben die Salzherstellung wohl auch während der Bajuwarenzeit weiter.  
Zur Zeit der Römer (ab 15 v. Chr.) war die Reichenhaller Saline schon der bedeutendste Salzproduzent im Ostalpenraum, da die Salzbergwerke am Dürrnberg bei Hallein und in Hallstatt zu dieser Zeit ihren Betrieb weitgehend eingestellt hatten. Den Standort der Reichenhaller Saline nannte man „ad salinas“. Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reiches harrten weiterhin viele Einwohner im Reichenhaller Raum aus. Diese [[Salzburger Romania|Romanen]] betrieben die Salzherstellung wohl auch während der Bajuwarenzeit weiter.  


'''Aufstieg zum Monopolisten'''
== Aufstieg zum Monopolisten ==


Der  bayerische Herzog Theodo II. schenkte im Jahr 696 ein Drittel der Saline der Salzburger Kirche unter dem [[Rupert von Salzburg|heiligen Rupert]].  Dieses Jahr markiert die [[Salzburger Güterverzeichnisse|erste urkundliche Erwähnung]] der Saline und des Ortes, der von nun an [[Ortsnamen mit Hall (Etymologie)|„Hall“ (germanisch: Saline)]] genannt wurde.  Einer [[Reichenhaller Rupertus|Legende]] zufolge hat Rupert die verschütteten Reichenhaller Solequellen wieder zum Entspringen gebracht, indem er mit seinem Bischofsstab an die Stelle schlug, an der sie  seither entspringen. Tatsächlich wurde unter Rupert die Salzproduktion verbessert und ausgebaut, denn die Saline entwickelte sich im 8. Jahrhundert zur einzigen exportorientierten  Salz-Produktionsstätte im Ostalpenraum. (siehe auch: [[Älteste Binnensalinen]] u. [[Raffelstettener Zollordnung]]) Die Stadt [[Salzburg (Ortsname)|Salzburg]], das Land Salzburg und die Salzach verdanken ihre deutschen Namen der Salzherstellung in Reichenhall und dem Handel mit dem Reichenhaller Salz.
Der  bayerische Herzog Theodo II. schenkte im Jahr 696 ein Drittel der Saline der Salzburger Kirche unter dem [[Rupert von Salzburg|heiligen Rupert]].  Dieses Jahr markiert die [[Salzburger Güterverzeichnisse|erste urkundliche Erwähnung]] der Saline und des Ortes, der von nun an [[Ortsnamen mit Hall (Etymologie)|„Hall“ (germanisch: Saline)]] genannt wurde.  Einer [[Reichenhaller Rupertus|Legende]] zufolge hat Rupert die verschütteten Reichenhaller Solequellen wieder zum Entspringen gebracht, indem er mit seinem Bischofsstab an die Stelle schlug, an der sie  seither entspringen. Tatsächlich wurde unter Rupert die Salzproduktion verbessert und ausgebaut, denn die Saline entwickelte sich im 8. Jahrhundert zur einzigen exportorientierten  Salz-Produktionsstätte im Ostalpenraum. (siehe auch: [[Älteste Binnensalinen]] u. [[Raffelstettener Zollordnung]]) Die Stadt [[Salzburg (Ortsname)|Salzburg]], das Land Salzburg und die Salzach verdanken ihre deutschen Namen der Salzherstellung in Reichenhall und dem Handel mit dem Reichenhaller Salz.
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Zu dieser Zeit bestand die Saline aus mehreren Brunnen, etlichen Schöpfgalgen und etwa 60 kleinen Siedehütten. Die größte Menge Salz brachte man auf [[Salzschifffahrt|Schiffen]] über die Flüsse Salzach und Inn bis nach Passau. Von dort aus ging es entweder auf der Donau nach Regensburg und weiter nach Norden, oder Donau abwärts bis Wien. Einen Teil davon transportierte man von Passau über den [[Goldener Steig|„Goldenen Steig]]“ nach Böhmen.
Zu dieser Zeit bestand die Saline aus mehreren Brunnen, etlichen Schöpfgalgen und etwa 60 kleinen Siedehütten. Die größte Menge Salz brachte man auf [[Salzschifffahrt|Schiffen]] über die Flüsse Salzach und Inn bis nach Passau. Von dort aus ging es entweder auf der Donau nach Regensburg und weiter nach Norden, oder Donau abwärts bis Wien. Einen Teil davon transportierte man von Passau über den [[Goldener Steig|„Goldenen Steig]]“ nach Böhmen.


'''Monopolbruch'''
== Monopolbruch ==


Das um 1190 angeschlagene Salzbergwerk auf dem Dürrnberg und die dazugehörige Saline in [[Hallein]] südlich von Salzburg überholten sehr schnell die Reichenhaller Produktion. Denn auf dem Dürrnberg ließ sich durch das neu entwickelte Laugverfahren hochgrädige Sole in gewünschter Menge künstlich herstellen.  Reichenhall konnte dabei nicht mithalten, denn dort stand nur die in ihrem Salzgehalt stark schwankende Natursole aus den Solequellen zur Verfügung.  Die grundlegende Zerstörung Reichenhalls und seiner Saline durch den Salzburger Erzbischof Adalbert II. im Jahre 1196 tat ein Übriges. Es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis die Reichenhaller Salzproduktion wieder annähernd den Stand erreichte, den sie vor der Zerstörung hatte.  
Das um 1190 angeschlagene Salzbergwerk auf dem Dürrnberg und die dazugehörige Saline in [[Hallein]] südlich von Salzburg überholten sehr schnell die Reichenhaller Produktion. Denn auf dem Dürrnberg ließ sich durch das neu entwickelte Laugverfahren hochgrädige Sole in gewünschter Menge künstlich herstellen.  Reichenhall konnte dabei nicht mithalten, denn dort stand nur die in ihrem Salzgehalt stark schwankende Natursole aus den Solequellen zur Verfügung.  Die grundlegende Zerstörung Reichenhalls und seiner Saline durch den Salzburger Erzbischof Adalbert II. im Jahre 1196 tat ein Übriges. Es dauerte mehrere Jahrzehnte, bis die Reichenhaller Salzproduktion wieder annähernd den Stand erreichte, den sie vor der Zerstörung hatte.  
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Das Monopol war gebrochen und Hallein übernahm in kürzester Zeit die Marktführerschaft im süddeutschen Salzhandel. Die Reichenhaller Saline verlor ihre Hauptabsatzgebiete im Donauraum und in Böhmen an Hallein. Dem Salz aus Reichenhall blieben nur noch das Herzogtum Bayern und Gebiete in Schwaben. Den [[Salztransport und Salzhandel#Verlagerung auf den Landweg|Transport]] im großen Stil auf Wagen besorgten die „Sender“ (Salzhändler), während die [[Salztransport und Salzhandel#Der Weg ins Gebirge|Säumer]] kleine Mengen auf Saumpferden (ca. 150 kg pro Tier) verfrachteten. Mitte des 13. Jahrhunderts wurden die Solequellen in einem einzigen großen Brunnenschacht zusammengefasst.
Das Monopol war gebrochen und Hallein übernahm in kürzester Zeit die Marktführerschaft im süddeutschen Salzhandel. Die Reichenhaller Saline verlor ihre Hauptabsatzgebiete im Donauraum und in Böhmen an Hallein. Dem Salz aus Reichenhall blieben nur noch das Herzogtum Bayern und Gebiete in Schwaben. Den [[Salztransport und Salzhandel#Verlagerung auf den Landweg|Transport]] im großen Stil auf Wagen besorgten die „Sender“ (Salzhändler), während die [[Salztransport und Salzhandel#Der Weg ins Gebirge|Säumer]] kleine Mengen auf Saumpferden (ca. 150 kg pro Tier) verfrachteten. Mitte des 13. Jahrhunderts wurden die Solequellen in einem einzigen großen Brunnenschacht zusammengefasst.


'''Finanzielle Überforderung'''
== Finanzielle Überforderung ==


In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren über 700 Personen direkt in der Salzerzeugung tätig. Die bürgerlichen Salinenbetreiber hatten die Siedeanlagen ursprünglich von den kirchlichen und adeligen Eigentümern gepachtet, waren aber im Laufe der Zeit immer einflussreicher geworden und gleichermaßen zu Besitzern aufgestiegen. Sie bezahlten nur noch sehr geringe Pachtzinsen und konnten die Sieden und Brunnenanteile an ihre Nachkommen vererben. Um rentabel produzieren zu können, mussten sie die Salzherstellung rationalisieren und Brennholz einsparen. Die bis dahin verwendeten Schöpfgalgen wurden 1438-1440 von dem „Salzkünstler“ Erhard Hann von Zabern durch ein zentrales Solehebewerk, ein „Paternosterwerk“, ersetzt. Angetrieben wurde es durch [[Wasserversorgung (historisch)|Wasser aus dem Alpgarten]] im Lattengebirge, das man in einer Leitung (welche auch die Stadt mit Wasser versorgte) nach Reichenhall führte. Ein Wasserrad mit einem Durchmesser von neun Metern setzte über einen Zahnradmechanismus ein Kammrad in Gang. An diesem hing eine Endloskette, an der Ledereimer angebracht waren.
In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts waren über 700 Personen direkt in der Salzerzeugung tätig. Die bürgerlichen Salinenbetreiber hatten die Siedeanlagen ursprünglich von den kirchlichen und adeligen Eigentümern gepachtet, waren aber im Laufe der Zeit immer einflussreicher geworden und gleichermaßen zu Besitzern aufgestiegen. Sie bezahlten nur noch sehr geringe Pachtzinsen und konnten die Sieden und Brunnenanteile an ihre Nachkommen vererben. Um rentabel produzieren zu können, mussten sie die Salzherstellung rationalisieren und Brennholz einsparen. Die bis dahin verwendeten Schöpfgalgen wurden 1438-1440 von dem „Salzkünstler“ Erhard Hann von Zabern durch ein zentrales Solehebewerk, ein „Paternosterwerk“, ersetzt. Angetrieben wurde es durch [[Wasserversorgung (historisch)|Wasser aus dem Alpgarten]] im Lattengebirge, das man in einer Leitung (welche auch die Stadt mit Wasser versorgte) nach Reichenhall führte. Ein Wasserrad mit einem Durchmesser von neun Metern setzte über einen Zahnradmechanismus ein Kammrad in Gang. An diesem hing eine Endloskette, an der Ledereimer angebracht waren.
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Die 32 alten Siedestätten fasste man zu 16 größeren Sudhäusern zusammen. Ein großer Teil der „Vaher“ (Schöpfknechte) verlor seine Arbeit, was zu Aufruhr und „Streiks“ führte, an denen sich auch die „Pfannhauser“ (Beschäftigte im Sudhaus) beteiligten. Um die Saline konkurrenzfähig halten zu können, mussten im Laufe des 15. Jahrhunderts immer weitere Investitionen getätigt werden, was die Betreiber schließlich finanziell an ihre Grenzen stoßen ließ. Aus Sorge um einen der wichtigsten Wirtschaftszweige in seinem Herrschaftsbereich setzte der bayerische Herzog 1461 einen „Salzmeister“ (später: Salzmeier) als herzoglichen Beauftragten in der Saline ein.
Die 32 alten Siedestätten fasste man zu 16 größeren Sudhäusern zusammen. Ein großer Teil der „Vaher“ (Schöpfknechte) verlor seine Arbeit, was zu Aufruhr und „Streiks“ führte, an denen sich auch die „Pfannhauser“ (Beschäftigte im Sudhaus) beteiligten. Um die Saline konkurrenzfähig halten zu können, mussten im Laufe des 15. Jahrhunderts immer weitere Investitionen getätigt werden, was die Betreiber schließlich finanziell an ihre Grenzen stoßen ließ. Aus Sorge um einen der wichtigsten Wirtschaftszweige in seinem Herrschaftsbereich setzte der bayerische Herzog 1461 einen „Salzmeister“ (später: Salzmeier) als herzoglichen Beauftragten in der Saline ein.


'''Verstaatlichung'''
== Verstaatlichung ==


Herzog Georg der Reiche kaufte ab 1481 nach und nach alle Reichenhaller Siedeanlagen auf. Lediglich das Augustiner Chorherrenstift St. Zeno bei Reichenhall war noch bis 1616 als selbständiger Salzproduzent tätig. Die Leitung der gesamten Saline lag nun in Händen des „Salzmeiers“, dem etwa 300 Salinenarbeiter unterstanden, wovon gut die Hälfte in den Sudhäusern beschäftigt war. Die 1509 erlassene „Wald- und Sudordnung“ regelte unter anderem die Bewirtschaftung der Wälder und mit der Schaffung einer „Waldmeisterstelle“ wurde der Vorläufer des ersten bayerischen Forstamts gegründet. Für die Holzbringung (Brenn- und Nutzholz) waren zeitweise insgesamt bis zu 1000 Personen tätig.  
Herzog Georg der Reiche kaufte ab 1481 nach und nach alle Reichenhaller Siedeanlagen auf. Lediglich das Augustiner Chorherrenstift St. Zeno bei Reichenhall war noch bis 1616 als selbständiger Salzproduzent tätig. Die Leitung der gesamten Saline lag nun in Händen des „Salzmeiers“, dem etwa 300 Salinenarbeiter unterstanden, wovon gut die Hälfte in den Sudhäusern beschäftigt war. Die 1509 erlassene „Wald- und Sudordnung“ regelte unter anderem die Bewirtschaftung der Wälder und mit der Schaffung einer „Waldmeisterstelle“ wurde der Vorläufer des ersten bayerischen Forstamts gegründet. Für die Holzbringung (Brenn- und Nutzholz) waren zeitweise insgesamt bis zu 1000 Personen tätig.  
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Von 1520 bis 1538 wurde der über vier Kilometer lange (1.911 Meter unterirdisch verlaufende) [[Grabenbach (Bad Reichenhall)|Grabenbach]] erbaut. Durch diesen fließt bis heute das im Bereich der Solequellen entspringende Süßwasser und das Antriebswasser der Fördertechnik ab. Im Jahre 1538 wurden die kleinen rechteckigen Salzpfannen mit den Maßen von etwa 360 cm mal 200 cm durch größere annähernd runde Pfannen mit einem Durchmesser von ca. 15 Meter ersetzt. Damals gab es insgesamt 12 Pfannen, von denen jeweils sechs gleichzeitig in Betrieb standen.  
Von 1520 bis 1538 wurde der über vier Kilometer lange (1.911 Meter unterirdisch verlaufende) [[Grabenbach (Bad Reichenhall)|Grabenbach]] erbaut. Durch diesen fließt bis heute das im Bereich der Solequellen entspringende Süßwasser und das Antriebswasser der Fördertechnik ab. Im Jahre 1538 wurden die kleinen rechteckigen Salzpfannen mit den Maßen von etwa 360 cm mal 200 cm durch größere annähernd runde Pfannen mit einem Durchmesser von ca. 15 Meter ersetzt. Damals gab es insgesamt 12 Pfannen, von denen jeweils sechs gleichzeitig in Betrieb standen.  


'''Technische Innovationen'''
== Technische Innovationen ==


Das größte Problem der Reichenhaller Saline ab dem 16. Jahrhundert stellte die [[Brennholzversorgung der Saline Reichenhall|Versorgung mit Brennholz]] dar, da die Wälder im Einzugsbereich von Reichenhall und in den „Bayerischen Saalforsten“ dazu nur mehr bedingt ausreichten.  Nach dem Vorbild der Soleleitung von Hallstatt nach Ebensee in Österreich baute man von 1617 bis 1619 eine 32 Kilometer lange [[Bayerische Soleleitungen|Soleleitung]] zur gleichzeitig errichteten Saline in Traunstein. In deren Umgebung waren noch genügend Wälder für die Brennholzbeschaffung verfügbar.  Durch von Simon Reiffenstuel konstruierte, wasserbetriebene Kolbendruckpumpen in sieben Brunnhäusern (Pumpstationen) wurde eine Steigung von 250 Metern überwunden. Ein Drittel der in Reichenhall geförderten Sole floss von nun an nach Traunstein.  
Das größte Problem der Reichenhaller Saline ab dem 16. Jahrhundert stellte die [[Brennholzversorgung der Saline Reichenhall|Versorgung mit Brennholz]] dar, da die Wälder im Einzugsbereich von Reichenhall und in den „Bayerischen Saalforsten“ dazu nur mehr bedingt ausreichten.  Nach dem Vorbild der Soleleitung von Hallstatt nach Ebensee in Österreich baute man von 1617 bis 1619 eine 32 Kilometer lange [[Bayerische Soleleitungen|Soleleitung]] zur gleichzeitig errichteten Saline in Traunstein. In deren Umgebung waren noch genügend Wälder für die Brennholzbeschaffung verfügbar.  Durch von Simon Reiffenstuel konstruierte, wasserbetriebene Kolbendruckpumpen in sieben Brunnhäusern (Pumpstationen) wurde eine Steigung von 250 Metern überwunden. Ein Drittel der in Reichenhall geförderten Sole floss von nun an nach Traunstein.  
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Nach einer Siedeperiode (eine Woche) musste die Pfanne ausgebessert und repariert werden. Dabei wurde Pfannenstein („Schrecken“) von der Pfannenoberfläche entfernt und man nietete, falls notwendig, neue Bleche an. Pro Pfanne und Sudperiode konnten durchschnittlich 80 Tonnen Salz erzeugt werden.  
Nach einer Siedeperiode (eine Woche) musste die Pfanne ausgebessert und repariert werden. Dabei wurde Pfannenstein („Schrecken“) von der Pfannenoberfläche entfernt und man nietete, falls notwendig, neue Bleche an. Pro Pfanne und Sudperiode konnten durchschnittlich 80 Tonnen Salz erzeugt werden.  


'''Reformen'''
== Reformen ==


Der Salinenoberkommissar Johann Sebastian von Clais führte ab 1782 mehrere Neuerungen ein. Technische Verbesserungen sowie Reformen im Personalwesen und der Bau eines modernen Sudhauses wurden umgesetzt. In diesem kam erstmals ein neues Siede-Verfahren zur Anwendung, bei dem die Sole zuerst in vier Vorwärmpfannen angewärmt und anschließend in vier Sudpfannen verdampft wurde. Billige Jutesäcke dienten nun anstatt der Holzfässer als Verpackung des Salzes. Eine Verbesserung der Salzqualität, eine Steigerung der Produktion um über 40 Prozent und ein um 11 Prozent reduzierter  Holzverbrauch konnten damit erzielt werden. In der Saline waren zu dieser Zeit über 300 Personen beschäftigt.
Der Salinenoberkommissar Johann Sebastian von Clais führte ab 1782 mehrere Neuerungen ein. Technische Verbesserungen sowie Reformen im Personalwesen und der Bau eines modernen Sudhauses wurden umgesetzt. In diesem kam erstmals ein neues Siede-Verfahren zur Anwendung, bei dem die Sole zuerst in vier Vorwärmpfannen angewärmt und anschließend in vier Sudpfannen verdampft wurde. Billige Jutesäcke dienten nun anstatt der Holzfässer als Verpackung des Salzes. Eine Verbesserung der Salzqualität, eine Steigerung der Produktion um über 40 Prozent und ein um 11 Prozent reduzierter  Holzverbrauch konnten damit erzielt werden. In der Saline waren zu dieser Zeit über 300 Personen beschäftigt.
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Die Soleleitung nach Traunstein wurde 1810 bis zu einer neuen Saline in Rosenheim verlängert. Dort konnte man auf die Waldungen des 1803 säkularisierten Klosters Tegernsee zurückgreifen. Mit Hilfe von „Wassersäulenmaschinen“ des Ingenieurs Georg von Reichenbach pumpte man das Salzwasser dorthin. Ab 1817 floss durch eine weitere Soleleitung aus dem [[Salzbergwerk Berchtesgaden]] Sole zur Reichenhaller Saline. Die  südbayerischen Salinen Berchtesgaden-Frohnreuth, Reichenhall, Traunstein, Rosenheim und das Salzbergwerk Berchtesgaden waren somit durch [[Bayerische Soleleitungen|Soleleitungen]] verbunden, die Produktion auf vier Standorte verteilt.  
Die Soleleitung nach Traunstein wurde 1810 bis zu einer neuen Saline in Rosenheim verlängert. Dort konnte man auf die Waldungen des 1803 säkularisierten Klosters Tegernsee zurückgreifen. Mit Hilfe von „Wassersäulenmaschinen“ des Ingenieurs Georg von Reichenbach pumpte man das Salzwasser dorthin. Ab 1817 floss durch eine weitere Soleleitung aus dem [[Salzbergwerk Berchtesgaden]] Sole zur Reichenhaller Saline. Die  südbayerischen Salinen Berchtesgaden-Frohnreuth, Reichenhall, Traunstein, Rosenheim und das Salzbergwerk Berchtesgaden waren somit durch [[Bayerische Soleleitungen|Soleleitungen]] verbunden, die Produktion auf vier Standorte verteilt.  


'''Brand und Neubau'''
== Brand und Neubau ==


Etwa drei Viertel der Stadt Reichenhall samt der Saline fielen 1834 einer Brandkatastrophe zum Opfer. Die Salinenanlagen wurden schnellstens provisorisch in Stand gesetzt. Bereits wenige Tage nach dem Brand floss wieder Sole durch die Leitungen zu den Salinen in Traunstein und Rosenheim. Im Gegensatz zur abgebrannten Vorgänger-Saline sollte der Neubau nach dem Willen von König Ludwig I. (1786–1868) einem geometrischen Plan entsprechen. Alle technischen Bauten wurden in Backstein mit Rahmungen und Gesimsen in Nagelfluh ausgeführt und gruppieren sich geometrisch um drei Höfe. In westlicher Richtung erbaute man vier Sudhäuser, in denen jeweils eine Vorwärmpfanne und eine Siedepfanne installiert wurden. Über der Siedepfanne befand sich eine zweite Pfanne, die durch den aufsteigenden heißen Dampf erhitzt wurde und in der sich wegen der niedrigeren Temperatur grobkörniges Salz bildete. In der Vorwärmpfanne schieden sich Gips und Kalk aus der Sole ab. Oberhalb der Vorwärmpfanne war ein „Dörrherd“ angebracht, auf dem das Salz getrocknet werden konnte.  
Etwa drei Viertel der Stadt Reichenhall samt der Saline fielen 1834 einer Brandkatastrophe zum Opfer. Die Salinenanlagen wurden schnellstens provisorisch in Stand gesetzt. Bereits wenige Tage nach dem Brand floss wieder Sole durch die Leitungen zu den Salinen in Traunstein und Rosenheim. Im Gegensatz zur abgebrannten Vorgänger-Saline sollte der Neubau nach dem Willen von König Ludwig I. (1786–1868) einem geometrischen Plan entsprechen. Alle technischen Bauten wurden in Backstein mit Rahmungen und Gesimsen in Nagelfluh ausgeführt und gruppieren sich geometrisch um drei Höfe. In westlicher Richtung erbaute man vier Sudhäuser, in denen jeweils eine Vorwärmpfanne und eine Siedepfanne installiert wurden. Über der Siedepfanne befand sich eine zweite Pfanne, die durch den aufsteigenden heißen Dampf erhitzt wurde und in der sich wegen der niedrigeren Temperatur grobkörniges Salz bildete. In der Vorwärmpfanne schieden sich Gips und Kalk aus der Sole ab. Oberhalb der Vorwärmpfanne war ein „Dörrherd“ angebracht, auf dem das Salz getrocknet werden konnte.  
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Der weitgereiste Metallurg und Mineraloge Carl Johann Bernhard Karsten (1782-1853), welcher als preußischer Oberbergrat die Bauangelegenheiten des gesamten preußischen Hütten- und Salzwesens leitete und als einer der besten Kenner der Materie überhaupt galt, bezeichnete die Anlage als [[Alte Saline Bad Reichenhall|„schönste Saline in der Welt“.]] Außerdem sei sie eine „vollkommene Anlage“, welche die besten bekannten Einrichtungen der verschiedenen deutschen Salinen zu einem System vereinige.
Der weitgereiste Metallurg und Mineraloge Carl Johann Bernhard Karsten (1782-1853), welcher als preußischer Oberbergrat die Bauangelegenheiten des gesamten preußischen Hütten- und Salzwesens leitete und als einer der besten Kenner der Materie überhaupt galt, bezeichnete die Anlage als [[Alte Saline Bad Reichenhall|„schönste Saline in der Welt“.]] Außerdem sei sie eine „vollkommene Anlage“, welche die besten bekannten Einrichtungen der verschiedenen deutschen Salinen zu einem System vereinige.


'''Neue Saline'''
== Neue Saline ==


Zu Ende des 19. Jahrhunderts verlor das einstige „Weiße Gold“ zunehmend an Marktwert. Das kostengünstige bergmännisch und bereits mittels Tiefbohrung  gewonnene Steinsalz wurde immer erfolgreicher und drohte das Siedesalz der Salinen allmählich zu verdrängen. Im Jahre 1868 fiel zudem das staatliche Salzmonopol, das dafür gesorgt hatte, dass in Bayern nur bayerisches Salz in den Handel gelangen durfte. Die Energieversorgung der Saline stellte man 1911 gänzlich von Holz auf Torf und Kohle um und in den Sudhäusern wurden rechteckige abgedeckte Pfannen mit den Maßen 13 mal 8 Meter installiert. Im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen wurden die Salinen Traunstein 1912 und Berchtesgaden-Frohnreuth 1927 geschlossen.  Die Sole aus dem Salzbergwerk Berchtesgaden floss seither nur noch nach Bad Reichenhall und Rosenheim.
Zu Ende des 19. Jahrhunderts verlor das einstige „Weiße Gold“ zunehmend an Marktwert. Das kostengünstige bergmännisch und bereits mittels Tiefbohrung  gewonnene Steinsalz wurde immer erfolgreicher und drohte das Siedesalz der Salinen allmählich zu verdrängen. Im Jahre 1868 fiel zudem das staatliche Salzmonopol, das dafür gesorgt hatte, dass in Bayern nur bayerisches Salz in den Handel gelangen durfte. Die Energieversorgung der Saline stellte man 1911 gänzlich von Holz auf Torf und Kohle um und in den Sudhäusern wurden rechteckige abgedeckte Pfannen mit den Maßen 13 mal 8 Meter installiert. Im Zuge von Rationalisierungsmaßnahmen wurden die Salinen Traunstein 1912 und Berchtesgaden-Frohnreuth 1927 geschlossen.  Die Sole aus dem Salzbergwerk Berchtesgaden floss seither nur noch nach Bad Reichenhall und Rosenheim.
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, die zur Gänze dem Freistaat Bayern gehörte. In den 1940er Jahren stieg der Salzabsatz stark an, weshalb man die Anlagen technisch weiter verbesserte und die direkt beheizten Pfannen durch eine dampfbeheizte Pfannenanlage ersetzte. Am 4. August 1943 vernichtete ein Brand große Teile der „Neuen Saline“. Zwei Monate später konnte die Produktion provisorisch wieder aufgenommen werden.  
, die zur Gänze dem Freistaat Bayern gehörte. In den 1940er Jahren stieg der Salzabsatz stark an, weshalb man die Anlagen technisch weiter verbesserte und die direkt beheizten Pfannen durch eine dampfbeheizte Pfannenanlage ersetzte. Am 4. August 1943 vernichtete ein Brand große Teile der „Neuen Saline“. Zwei Monate später konnte die Produktion provisorisch wieder aufgenommen werden.  


'''„Bad Reichenhaller Markensalz“'''
== „Bad Reichenhaller Markensalz“ ==


Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Nachfrage nach Salz wegen der fortschreitenden Industrialisierung an. Die Rohsalzproduktion wurde deshalb ausgebaut und die Eindampfanlage um eine Vakuumanlage erweitert. Mitte der 1950er Jahre lag die Jahresproduktion bei 55.000 Tonnen. 1957 erfolgte die Schaffung der Marke „Bad Reichenhaller Spezialsalz“ und in den folgenden Jahren die erfolgreiche Einführung der Marke „Bad Reichenhaller Markensalz“ in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Die Entwicklung von neuen Produkten und kundengerechten Verpackungsformen wurde konsequent vorangetrieben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Nachfrage nach Salz wegen der fortschreitenden Industrialisierung an. Die Rohsalzproduktion wurde deshalb ausgebaut und die Eindampfanlage um eine Vakuumanlage erweitert. Mitte der 1950er Jahre lag die Jahresproduktion bei 55.000 Tonnen. 1957 erfolgte die Schaffung der Marke „Bad Reichenhaller Spezialsalz“ und in den folgenden Jahren die erfolgreiche Einführung der Marke „Bad Reichenhaller Markensalz“ in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Die Entwicklung von neuen Produkten und kundengerechten Verpackungsformen wurde konsequent vorangetrieben.