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== Geschichte == | == Geschichte == | ||
[[ | [[Datei:Salzburggau, Herrschaftsbereiche.jpg|alternativtext=|mini|Herrschaftsbereiche im Salzburggau im Hochmittelalter und die Entstehung der Landesgrenzen]] | ||
[[Image:GRB.JPG|thumbnail|Grenzverlauf zwischen Bayern und Salzburg im Reichenhaller Becken]] | [[Image:GRB.JPG|thumbnail|Grenzverlauf zwischen Bayern und Salzburg im Reichenhaller Becken]] | ||
[[Image:Grenze2.JPG|thumbnail|Das Alte Mauthaus in Schwarzbach besaß bis in die 1970er Jahre sein ursprüngliches Aussehen]] | [[Image:Grenze2.JPG|thumbnail|Das Alte Mauthaus in Schwarzbach besaß bis in die 1970er Jahre sein ursprüngliches Aussehen]] | ||
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'''Die Grenze''' | '''Die Grenze''' | ||
Die Grafschaft im oberen (südlichen) [[Salzburggau]] umfasste den südlichen Teil des heutigen [[Rupertiwinkel]]s, westlich und südlich des Waginger Sees, das Gebiet südlich der Stadt Salzburg, das Reichenhaller Tal und das Salzachtal bis zum Pass Lueg. Um 1070 | Die Grafschaft im oberen (südlichen) [[Salzburggau]] umfasste den südlichen Teil des heutigen [[Rupertiwinkel]]s, westlich und südlich des Waginger Sees, das Gebiet südlich der Stadt Salzburg, das Reichenhaller Tal und das Salzachtal bis zum Pass Lueg. Um 1070 wurden die [[Grafschaft Reichenhall]] und die [[Hallgrafschaft]] herausgelöst. Seither bildete der Walserberg die Grenze zwischen diesen und der Grafschaft im oberen Salzburggau. | ||
Die Grafschaft im oberen Salzburggau war ab etwa 1100 an das Adelsgeschlecht der Grafen von Plain verlehnt, welche ihren Sitz auf der [[Plainburg]] bei Großgmain hatten. | Die Grafschaft im oberen Salzburggau war ab etwa 1100 an das Adelsgeschlecht der Grafen von Plain verlehnt, welche ihren Sitz auf der [[Plainburg]] bei Großgmain hatten. | ||
Nach dem Aussterben der Grafen von Plain im Jahre 1260 konnten die Erzbischöfe von Salzburg deren Herrschaftsgebiete größtenteils an sich bringen. Im 1275 geschlossenen „Zweiten Erhartinger Vertrag“ erkannte der bayerische Herzog die Westgrenze des erzbischöflichen Herrschaftsgebiets weitgehend an. Damit war die Ablösung des Salzburger Territoriums von Bayern einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Als Folge der Erlassung einer eigenen Salzburger Landesordnung im Jahre 1328 durch Erzbischof Friedrich III. kann von einem selbständigen „Land Salzburg“ (1342 erstmals so genannt) und damit einer tatsächlichen Landesgrenze gesprochen werden. Nach der um 1295 erfolgten [[Nasse Grenze (Weißbach)|Aufteilung des Ortes Gmain]] zwischen Salzburg und Bayern wurde der [[Nasse Grenze (Saalach)|Grenzverlauf]] im Reichenhaller Becken bis ins 19. Jahrhundert nur noch unwesentlich verändert. | Nach dem Aussterben der Grafen von Plain im Jahre 1260 konnten die Erzbischöfe von Salzburg deren Herrschaftsgebiete größtenteils an sich bringen. Im 1275 geschlossenen „Zweiten Erhartinger Vertrag“ erkannte der bayerische Herzog die Westgrenze des erzbischöflichen Herrschaftsgebiets weitgehend an. Damit war die Ablösung des Salzburger Territoriums von Bayern einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Als Folge der Erlassung einer eigenen Salzburger Landesordnung im Jahre 1328 durch Erzbischof Friedrich III. kann von einem selbständigen „Land Salzburg“ (1342 erstmals so genannt) und damit einer tatsächlichen Landesgrenze gesprochen werden. Nach der um 1295 erfolgten [[Nasse Grenze (Weißbach)|Aufteilung des Ortes Gmain]] zwischen Salzburg und Bayern wurde der [[Nasse Grenze (Saalach)|Grenzverlauf]] im Reichenhaller Becken bis ins 19. Jahrhundert nur noch unwesentlich verändert. | ||
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Trotz des Beitritts Bayerns zum neuen deutschen Kaiserreich im Jahre 1871 blieben die Zollämter bayerische Behörden und die Zöllner bayerische Beamte. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg wurden ständig neue Verordnungen und Gesetzte für die Zollämter erlassen und wieder außer Kraft gesetzt. Aber schon das ganze 19. Jahrhundert über hatten die Zöllner alle paar Jahre mit geänderten Rahmenbedingungen bei der Ausübung ihres Dienstes zu tun gehabt. Erst nach dem Ersten Weltkrieg ging im Jahre 1919 die Zuständigkeit für die Zollverwaltung von den Ländern auf das Deutsche Reich über. In der Zeit der Weimarer Republik blühte am Walserberg vor allem der [[Schmuggel nach 1945|Schmuggel]] von Vieh. Schon kurz nach dem Regierungsantritt der Nationalsozialisten trat am 1. Juni 1933 das „Gesetz über die Beschränkung der Reisen nach der Republik Österreich“, die so genannte „1000-Mark-Sperre“ in Kraft. Der Grenzverkehr in Schwarzbach ging daraufhin um etwa 90 Prozent zurück. Nach der Aufhebung des Gesetzes im Jahre 1936 durften im Monat nur bis zu zehn Reichsmark mit nach Österreich genommen werden. Diese absurden Verhältnisse haben den Schriftsteller Erich Kästner zu seiner heiteren Geschichte „Der kleine Grenzverkehr“ inspiriert, die unter anderem auf dem Grenzübergang am Walserberg angesiedelt ist. | Trotz des Beitritts Bayerns zum neuen deutschen Kaiserreich im Jahre 1871 blieben die Zollämter bayerische Behörden und die Zöllner bayerische Beamte. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg wurden ständig neue Verordnungen und Gesetzte für die Zollämter erlassen und wieder außer Kraft gesetzt. Aber schon das ganze 19. Jahrhundert über hatten die Zöllner alle paar Jahre mit geänderten Rahmenbedingungen bei der Ausübung ihres Dienstes zu tun gehabt. Erst nach dem Ersten Weltkrieg ging im Jahre 1919 die Zuständigkeit für die Zollverwaltung von den Ländern auf das Deutsche Reich über. In der Zeit der Weimarer Republik blühte am Walserberg vor allem der [[Schmuggel nach 1945|Schmuggel]] von Vieh. Schon kurz nach dem Regierungsantritt der Nationalsozialisten trat am 1. Juni 1933 das „Gesetz über die Beschränkung der Reisen nach der Republik Österreich“, die so genannte „1000-Mark-Sperre“ in Kraft. Der Grenzverkehr in Schwarzbach ging daraufhin um etwa 90 Prozent zurück. Nach der Aufhebung des Gesetzes im Jahre 1936 durften im Monat nur bis zu zehn Reichsmark mit nach Österreich genommen werden. Diese absurden Verhältnisse haben den Schriftsteller Erich Kästner zu seiner heiteren Geschichte „Der kleine Grenzverkehr“ inspiriert, die unter anderem auf dem Grenzübergang am Walserberg angesiedelt ist. | ||
Im Jahre 1937 zog das bisher im Neuen Mauthaus untergebrachte Zollamt Schwarzbach auf Anweisung des Reichsfinanzministeriums in eine direkt an der Grenze neu erbaute Baracke. Gleichzeitig wurden in den Grenzorten Wohnungen für die Zollbediensteten erbaut. Die in charakteristischen Dreiergruppen errichteten Häuser im schlichten Heimatstil prägen einige Ortsbilder, wie etwa in Schwarzbach, Weißbach, Marzoll und Pidingerau bis heute. Im Jahr 1937 mussten die 25 Beamten des Zollamts über 187.000 Fahrzeuge abfertigen, zu denen noch viele Fußgänger und an Sonn- und Feiertagen bis zu 800 Radler kamen. Im Jahr darauf nahm eine Grenzpolizeistation ihren Dienst auf. Am 31. März 1939, erst ein Jahr nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich, wurde das Zollamt Schwarzbach geschlossen. Die Autobahn von München wurde auf österreichischer Seite über den Walserberg weiter gebaut und der dort bis dahin geltende Linksverkehr abgeschafft. ( | Im Jahre 1937 zog das bisher im Neuen Mauthaus untergebrachte Zollamt Schwarzbach auf Anweisung des Reichsfinanzministeriums in eine direkt an der Grenze neu erbaute Baracke. Gleichzeitig wurden in den Grenzorten Wohnungen für die Zollbediensteten erbaut. Die in charakteristischen Dreiergruppen errichteten Häuser im schlichten Heimatstil prägen einige Ortsbilder, wie etwa in Schwarzbach, Weißbach, Marzoll und Pidingerau bis heute. Im Jahr 1937 mussten die 25 Beamten des Zollamts über 187.000 Fahrzeuge abfertigen, zu denen noch viele Fußgänger und an Sonn- und Feiertagen bis zu 800 Radler kamen. Im Jahr darauf nahm eine Grenzpolizeistation ihren Dienst auf. Am 31. März 1939, erst ein Jahr nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich, wurde das Zollamt Schwarzbach geschlossen. Die Autobahn von München wurde auf österreichischer Seite über den Walserberg weiter gebaut und der dort bis dahin geltende Linksverkehr abgeschafft. | ||
(siehe auch: | |||
''Österreich bis 1938 - straßenpolizeilich zweigeteilt'' | |||
[http://oe1owa.clubcomputer.at/OSWAG/wago55.html]) | |||
'''Neuanfang''' | '''Neuanfang''' | ||
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Albin Kühnel: Von der Gränzmauth zum Binnenzollamt – 250 Jahre Zoll am Walserberg, Bad Reichenhall 2015 | Albin Kühnel: Von der Gränzmauth zum Binnenzollamt – 250 Jahre Zoll am Walserberg, Bad Reichenhall 2015 | ||
Albin Kühnel: Von der Gränzmauth zum Binnenzollamt, Heimatblätter 8/2015. | Albin Kühnel: Von der Gränzmauth zum Binnenzollamt, Heimatblätter 8/2015. [https://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/wp-content/uploads/2025/03/heimatblaetter_2015_8_c.pdf] | ||
Albin Kühnel: Kampf gegen Schmuggel und der Binnenzoll, Heimatblätter 9/2015. | Albin Kühnel: Kampf gegen Schmuggel und der Binnenzoll, Heimatblätter 9/2015. [https://www.heimatkundeverein-reichenhall.de/wp-content/uploads/2025/03/heimatblaetter_2015_9_c.pdf] | ||
Albin Kühnel, Johannes Lang: Halt Zoll! Der Schmuggel zwischen Salzburg und Bayern 1946-1954, Bad Reichenhall 2010 | Albin Kühnel, Johannes Lang: Halt Zoll! Der Schmuggel zwischen Salzburg und Bayern 1946-1954, Bad Reichenhall 2010 | ||
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Datei:GRW5.JPG|Zollamt Bad Reichenhall Autobahn, erb. 2004 | Datei:GRW5.JPG|Zollamt Bad Reichenhall Autobahn, erb. 2004 | ||
Datei:Karte WB.JPG|Der Walserberg mit [[Schanzen am Walserberg|Schanzen]] und ehemaligen Gebäuden | Datei:Karte WB.JPG|Der Walserberg mit [[Schanzen am Walserberg|Schanzen]] und ehemaligen Gebäuden | ||
Datei:Walserberg Funde.jpg|Archäologische Funde am Walserberg | |||
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